Reiseblog-News

Neu oder aktualisiert:

Januar. 2024: Ab auf die Insel – der ewige Frühling ruft. Wir starten den Versuch eine Überwinterung auf Madeira

21.03.2023: Das Alte Arabien (Ägypten/Jordanien/Saudiarabien) – ein Kurztrip

11.12.2020: Zu Fuss durch die Schweiz (Reisebericht und Fotos ist endlich fertig) https://rundumdiewelt.ch/zu-fuss-durch-die-schweiz/

13.12.2020: Impressionen einer Wanderung entlang der Thur, von der Mündung zur Quelle (130 km) – Bildstrecke

Das nächste Projekt – entlang der Biber starten wir, falls das Wetter mitmacht, im Januar (Bibermühle – Hohen Hewen).

Ab auf die Insel

Am 19. Januar geht’s los. Wir haben ein Ferienhaus auf Madeira gemietet und möchten dort dem nieslig nebligen Wetter hier entfliehen. Wir sind gespannt was uns, nebst frühlingshaften Temperaturen, erwartet. Wer uns begleiten möchte, ist hier richtig. Fliegt mit und geniesst das Inselleben mit uns.

22. Februar 2024 – Alles hat ein Ende, nur…

Übermorgen früh, geht es, so der Wettergott es will, nach Hause. Wir fahren am Samstag schon um halb 6 Uhr los. Vorher setzt es noch einen Zwischenstopp in Porto und am Dienstag segeln wir Richtung Zürich. Hier hat der Abschiedsschmerz Einzug gehalten. Eine Mischung aus Freude, heimkehren zu können zu all unseren Freund:innen, auf Ramsen und einer Sehnsucht nach diesem Eiland, das wir 5 Wochen geniessen durften. Weil uns der Norden besonders gut gefallen hat, und das Meer dort besonders wild ist, sind wir nochmals hin gefahren, um Abschied zu nehmen. Bei einem Glas Wein und einem feinem Essen auf einer Terrasse, an einem namenlosen Küstenstreifen, wo sich Surfschüler im Wellenreiten übten. Der Atlantik hat uns nicht enttäuscht und gab sein Bestes und hat sich mit mächtigen Wellenbergen ins Zeug gelegt. Das werden wir zu Hause garantiert vermissen.

Abschied heisst auch ein Fazit zu ziehen und weil ich weiss, dass einige von euch mit dem Gedanken spielen, auch mal nach Madeira zu fahren, hier ein paar ultimative Empfehlungen.

Ich fürchte die Insel steht am Anfang oder schon Mitten in einem Boom. Woche um Woche nahm die Touristendichte zu (abzulesen an den überfüllten Parkplätzen an den Hotspots). Da Januar/Februar aber tolles Wetter haben, empfehlen wir deshalb eine Reise im Winter. Ich fürchte die Hauptsaison April-November ist schon ziemlich überlaufen.

Wer meint auf Madeira können er den ganzen Tag faul herumliegen, kann das zwar, aber er/sie macht definitiv etwas falsch. Madeira ist auf jeden Fall kein ultimatives Badeparadies, wie z. B. die Kanaren oder Malle – natürliche Sandstrände gibt es nur auf der Nachbarinsel Porto Santo. Madeira ist die Insel der vielen Abwechslungen und Überraschungen. Ausser Gletschertouren gibt es eigentlich nichts, was es nicht gibt. Und das gerade mal auf 750 km2. Man würde also viel verpassen, wenn man sich im Hotel verschanzt.

Einst galt Madeira als Rentnerparadies. Wahrscheinlich als noch die spleeneten Engländer das Eiland für sich beanspruchten (zumindest touristisch). Das ist aber definitiv nicht mehr so – im Gegenteil. Wir begegneten sehr vielen jungen Päärchen und Familien, welche Aktivferien dem Sonnenbad vorziehen.

Wer, wie normale Urlauber, nur ein, zwei Wochen Ferien macht, ist mit einem Hotel vermutlich besser bedient als mit einer Ferienwohnung. Die Hotels befinden sich meist in Strandnähe und sind mit dem ÖV besser erschlossen als die Ferienhäuschen oben in den Dörfern und Bergen. Dafür ist man halt in einem Ghetto. Jeder/m nach seiner/ihrer Fasson.

Autofahren auf Madeira empfiehlt sich definitiv nur geübten, nervenstarken Fahrern mit „Todessehnsucht“. Ich kam mehr als einmal an meine Grenzen. Ausflüge kann man aber sehr günstig bei zahlreichen Agenturen buchen, die einem mit Jeep oder Taxi beim Hotel abholen – und sie sind echt günstig. Schaut einfach bei GetYouGuide. Oder – noch günstiger mit dem Bus. Vorausgesetzt man findet einen Fahrplan.

Fünf Wochen am, Stück ist tatsächlich etwas lang. Um die Insel zu erkundigen (falls man sich auf die propagierten Highlights beschränkt) benötigt man nicht mehr als eine Woche. Besser vielleicht zwei. Trotzdem möchten wir keinen Tag missen. So konnten wir unsere Entdeckungen vertiefen und uns in sie verlieben.

Ob wir wieder kommen? Wir wissen es nicht. Tolle Erlebnisse lassen sich in der Regel schlecht wiederholen und wir neigen eher zu Neuentdeckungen. Trotzdem möchten wir nichts ausschliessen. Schliesslich haben wir uns in diese einsame Insel, draussen im Atlantik, mit Haut und Haaren verliebt. Nicht nur in die Insel, auch in die Menschen hier.

Bolo do coco darf zu keinem Essen fehlen.

21. Februar 2024 – Schnaps

Da plant man nichts, will aber auch nicht den ganzen Tag auf der Terrasse sitzen und das nun schon bestens vertraute Panorama bestaunen. Meine Enkel würden sagen: langweilig! Also setzen wir uns, trotz bedecktem Himmel, ins Auto und fahren los. Mal sehen. Da mir die 10’000 Kurven langsam „gnüegele“, geht’s auf die Via Emmental durch die Tunnels, geradeaus nach Westen.

Hab ich schon erwähnt dass wir Glückskinder sind? Hier im äußersten Westen scheint die Sonne! Am Leuchtturm, in der westlichsten Ecke der Insel, entdecke ich dann eine Karte der Portugiesischen Landestopographie mit Messpunkten und Referenzwerten. Da ist auch Bern verzeichnet – 2600 km östlich, 1200 km nördlich. Dank meinen Kenntnissen in Trigonometrie und Pythagoras (blöff) ist schnell errechent, dass wir uns hier ziemlich genau 3000 Kilometer Luftlinie von zu Hause befinden. Westlich von hier ist nur noch Wasser und irgendwann Florida. Da wir Zeit und keine Pläne haben erkundigen wir die Umgebung. Hier reihen sich die Mirradouros (Aussichtspunkte) aneinander. Einer spektakulärer als der andere. Manche wohl nur Eingeweihten bekannt – die Zufahrtswege sind schmal und kaum zu finden und man ist allein. Aber es lohnt sich immer.

Da uns ein kleines Hüngerchen plagt steuern wir Paul do Mar an. Da waren wir schon mal vor 3 Wochen. Ein ziemlich einsames Fischerdörfchen, weit unten, hinter mächtigen Basaltklötzen. Auch hier ist alles leer – oder zumindest fast, denn es hat sich eine Gruppe Surfer in die Fluten gestürzt und wartet auf die perfekte Welle. Und diese kommen gleich im Dutzend. Heute ist der Atlantik – trotz Windstille – ziemlich bewegt und schiebt Wellenbrecher um Wellenbrecher an die Küste. Wir können uns kaum satt sehen. Die Eleganz mit der sie die Wellen nehmen und auf ihnen reiten ist atemberaubend. Vor lauter Sprüngen, Kopfüber und Tanz auf den Schaumkronen vergessen wir sogar unseren Hunger. Dafür gelingen mir ein paar Bilder (die Ausschussquote liegt bei 90%). Schweren Herzens trennen wir uns von diesem schönen Ort und fahren zurück.

Da wir noch früh unterwegs sind, beschliessen wir auf dem Rückweg noch eine Zuckermühle und alte Schnapsbrennerei zu besichtigen. Es ist ein Industriemuseum in Calheta, welches nur noch einmal im Jahr in Betrieb gesetzt wird. Da wir uns in einem ehemaligen Zuckerrohranbaugebiet befinden gibt es in der Umgebung noch einige dieser Anlagen – die meisten sind aber zerfallen. Schnaps brennt man heute zu Hause für den Eigenbedarf. Den vielen Rauchsäulen nach zu beurteilen, die im Tal täglich aufsteigen, nicht zu knapp.

So geht bei uns ein „langweiliger“ Tag zu Ende. Voller neuer Eindrücke. Ich denke diese Insel ist nie fertig erkundet. Sie hat einfach zu viele Facetten.

Das war’s. Ursis Wanderschuhe lösen sich in ihre Bestandteile auf. Sie bleiben auf der Insel. Sie haben über 20 Jahre treu gedient und haben den Ruhestand redlich verdient. Leider gibt es keinen Kilometerzähler – es waren sicher Tausende.

20. Februar 2024 – Uusplämperle

Wir spüren, dass unser Inseltraum langsam zu Ende geht – mental, wie körperlich sind wir am „Ende“. Wir sind müde. Die letzten 4 Wochen waren in jeder Hinsicht intensiv. Wir möchten aber nicht eine Stunde missen. Um die letzte Meile auch noch zu schaffen, hiess es heute nochmals Energie tanken. Dies mit reichlich Poncha an der Standbar, einer Kneippkur am Strand und ich gönnte mir eine entspannende Rückenmassage. Sandra – so heisst die Muskelkneterin – hat ihr Zelt am Strand von Calheta aufgebaut und bietet „Massagem“. Wegen hohem Zuspruch ist sie gut gebucht und ich musste drei Tage auf ihre Wohltaten warten. Nacken und Schultern haben es dringend nötig. Heute war es so weit. In der Tat hat sie meine verspannten Schultern mit ihren kräftigen Händen im nu wieder auf Vordermann gebracht. Ich kann sie nur weiter empfehlen – leider ist sie ein bisschen weit weg von Ramsen.

Jetzt planen wir noch zwei kleine Ausfüge und nochmals etwas Strandleben. Auch wenn es in der Schweiz viel zu warm sein soll, für die Jahreszeit,, so macht sie dem ewigen Frühling hier noch keine Konkurrenz. Das wollen wir noch etwas geniessen, bevor es am Samstag Zelte abreissen heisst. Wir vermissen das Eiland jetzt schon.

Ach ja – für heute mal keine Fotos.

19. Februar 2024 – Stonehenge auf dem Gletscher des Creux du Van

Da wir bekanntlich Glückskinder sind, finden wir auf unseren Stöbertouren durch die Insel immer wieder Trouvaillen, die uns zum Staunen bringen. So auch heute. Eigentlich wollten wir nochmals auf den Bica da Cana, den kleinen Hügel auf der Serra mit dem herrlichen Weitblick über die Insel. Schon beim ersten Besuch bemerkten wir ein Absperrgitter mitten auf der Strasse mit einem Sackgasse-Signal. Die Strasse, welche eigentlich hinunter ins Tal des Ribeiro Bravo führen sollte endete also hier. Dies weckte unsere Neugier (es ist ja kein Fahrverbot) und so umkurvten wir das Absperrgitter elegant und fuhren weiter. Etwa 2 Kilometer später dann eine Tafel und ein Wegweiser – das untrügliche Zeichen, dass es hier einen Wanderweg gibt. Warum also nicht? Die Tafel, beschriftet mit „Glaciar do Planalto“. Wie die Tafel weiter verriet, ein Platau, welches in der letzten Eiszeit, bis vor rund 15000 Jahren (vermutlich) vergletschert war. Davon hatte ich in der Tat noch nie etwas gehört, aber es scheint sich erhärtet zu haben (verrät mir Googel_Ki nach unserer Heimkehr). In der Tat finden sich hier geschliffene Steine, ähnlich, wie in den Alpen, die Ursi sofort ins Auge gestochen sind. Reisen bildet – das wird uns hier überdeutlich vor Augen geführt. Allerding nur, wenn man Verkehrssignale umfährt und unscheinbare Tafeln am Strassenrand nicht schnöde missachtet. Denn diese Überraschung war längst nicht die einzige heute.Wir hielten uns nicht streng an den spärlich siganliserten Wanderweg und hielten einfach auf den Horizont zu – dem Atlantik weit unten und weit draussen und standen plötzlich an einer Abbruchkante. Es öffnete sich eine Arena wie auf dem Creux du Van. Ein riesiges Halbrund bildete den Abschluss eines der vielen unbewohnten Täler. Senkrechte Felsen und Grasbänder durchzogen von Levadas, die das Wasser hier oben für die Gärten unten an der Küste sammeln. Wahrhaft atemberaubend. Das Beste aber war eine grosse flache Wiese in einem geschützen Kessel mit seltsamen Steinkreisen und alten Steinmauern. Wir hatten das Gefühl, wir wären in Stonehenge (wie meine Recherche ergab, heissen die Steinkreise hier tatsächlich so) – in Wirklichkeit aber sind es die Überreste alter Schafstallungen aus frühen Jahrhunderten. Trotzdem sehr magisch und unerwartet. Drei ungeplante Highlights an einem Tag. Da können mir die Top-Destinationen (siehe gestern) gestohlen bleiben.

Und hier noch unser „Lappland“ auf der Serra do Paul

18. Februar 2024 – Stochern im Nebel

Heute wollten wir hoch hinaus – auf den Pico do Areiro, mit 1818 müM, der dritthöchste Madeiraner.Dafür standen wir sogar in aller Herrgottsfrühe auf und fuhren noch im Dunkeln los. Fern im Osten ein heller gelber Streifen über dem Meer, der den nahenden Sonnenaufgang verkündete. Die Strassen leer – es ist ja Sonntag – was kann da noch schief gehen?

Es begann mit der Ausfahrt in Funchal von der Via Rapida. Da stand in grossen Lettern „Pice do Areiro“, dem wir guten Mutes folgten. Wobei sich diese „folgen“ auf die nächste Kreuzung beschränkte, denn dort war weit und breit kein Schild, dass die Richtung zu unserem Pico verraten hätte. Da ein Pico so viel wie Berg oder Spitz heisst, lenkten wir unseren kleinen Fiat frohen Mutes nach oben um kurz darauf zu bemerken, dass wir uns komplett in einem Irrgarten von Strassen und Strässchen eines Quartiers verfranst hatten. Also umkehren. Aber wo haben wir den Fehler gemacht? Nach bangen Minuten und Kilometern entlang mondäner Hotelklötze (die kamen uns irgendwie bekannt vor, von unserer Hop-on/Hop-Off Tour) landeten wir auf einem Hotelvorplatz um kurz darauf als Begleitfahrzeug eines Triatlons zu dienen. Endpunkt: Kreisel in der Stadtmitte. Geradeaus EInkaufmeile, rechts Meer, links aufwärts. Ein neuer Anhaltspunkt. Leider aber kein hilfreicher. Obwohl wir jedem Wegweiser folgten, der uns an einenen bekannten Ort erinnerte, verhedderten wir uns wieder und wieder im Gestrüpp Funchals. Statt des erhofften Picos wurden die Strässchen schmaler und schmaler und unsere Zuversicht kleiner und kleiner. Das fatale an Madeiras Beschilderung ist ihre reine Willkür. Da gibt es einen Hauptwegweiser und beim nächsten Abzweiger ist nix, nada oder irgend ein Kaff, dass bestenfalls Ur-Madeiraner vom Hörensagn kennen. Es ist ein Graus. Selbst das Navi versagt in diesem Strassendschungel. Aber – schulterklopf, schulterklopf – wir haben den Ausgang gefunden! Fragt nich wie, aber aus unerklärlichen Gründen befanden wir uns plötzlich ausserhalb der Stadt auf einer grossen breiten Strasse aufwärts – sogar mit richtiger Beschilderung. Aufs Gas gedrückt und aufwärts gehts. Mittlerweile in gleissendem Sonnenschein. Pico wir kommen!

200 Meter höher, mitten im dichten Wald, dann ein WIndstoss. Nebelschwaden. Ein heftiger Nordostwind jagt dicke Wolken und Regenschauer über die steilen Bergflanken. Wir mitten drin. Nieselregen, WInd, nass und Sicht = Null. Selbst der dichte Wald ist bald nur noch zu erahnen. Und so stirbt unser Pico einen leisen aber plötzlichen Tod. Wir finden eine „Schutzhütte“ (so übersetzt es uns unser KI-Translater) – die Abrigo do Poisio. Mitten im Wald auf rund 1400 Metern, beim Abzweiger zu unserem Pico. Wir genehmigen uns ein kleines Frühstück. Draussen regnet es zwischenzeitlich wie aus Kübeln. An der Wand ein Foto vom 19.1.1998: Abrigo do Poiso im Schnee! Drinnen versammelt sich die sportiv motivierte Jugend, die sich mit ihrem Velo bis hierher gestrampelt hat und Wandervögel, die Schutz vor dem Regen suchen. Der Nebel hängt in den Bäumen und die Aussichten auf Besserung besteht nur noch im Abstieg Richtung Meer.

Da wir nun ohne Ziel waren, kurvten wir planlos durch die zerklüfteten Täler, in der Hoffnung auf etwas Sonne und Tiefblick. Das Stochern im Nebel aber war vergebens. Der Nordostwind schob Wolkenband um Wolkenband an die Hänge, die sich dort ausweinten. Auch das ist Madeira. Man startet bei bestem Wetter und landet ein Tal später mitten in einer Nebelwand. Die einzige Rettung wr noch der Süden. Und siehe da – in Ribeira Brava herrschte eitel Sonnenschein.

Den Osten lassen wir nun mal Osten sein und wir beschränken uns auf den wesentlich sonnigeren Westen. Wir hoffen nur, dass wir dort beim Rückflug am nächsten Samstag bessere Wetterverhältnisse haben. Der Flughafen von Funchal ist berüchtigt für plötzlich auftretende Winde, die Starts und Landungen stören. Aber wir sind Optimisten.

17. Februar 2024 – die Badesaison ist eröffnet

Heute ist es richtig warm (nach meinem subjektiven Empfinden nach, schon fast zu heiss) und wir fuhren hinunter zum Strand – an die Praia da Calheta. Hier gibt es bekanntlich einen der ganz wenigen, künstlich aufgeschütteten, Sandstrände auf der Insel. Nicht das wir schon die Absicht hatte, schwimmen zu gehen – als bekennender Warmduscher sind mir die knapp 21 Grad Wasser immer noch zu kalt – aber wenigstens etwas sünnelen und die Füsse baden. Das taten wir. Bald füllte sich der Strand mit Sonnenhungrigen und die Hartgesottenen planschten fröhlich im Wasser. An der Anzahl Gäste gemessen, wurde heute offensichtlich die Badesaison eröffnet. Alberto – unser Vermieter meinte dann, es wäre doch etwas gar früh im Jahr, aber es würde auch hier Jahr um Jahr wärmer und vor allem trockener. EInmal mehr ein Beleg, dass auch einsame Inseln zu dieser Welt gehören.

Hier noch die Blumenpracht rund um unser Haus (Fotos von Ursi)

16. Februar 2024 – Elysium

Das Elysium in der griechischen Mythologie wird als schöner Ort, als Paradies beschrieben. Allerdings als ein Ort den man nie mehr verlässt. Inseln, wie z.b. Madeira stehen symbolisch für ein solches Paradies, einen Ort an dem die von den Göttern geliebten leben.Das Motiv dieser Reise war durchaus auch getrieben vom Gedanken, der „bösen“ Welt zu entfliehen. Einen „geschützten“ Ort zu finden, der weit weg vom Weltgeschehen ist. Geograpisch ist das Madeira. Aber die Welt holt uns immer wieder ein. Gerade heute wird uns das besonders krass vor Augen geführt. Die Nachricht von der Ermordung Nawalnys (oder glaubt jemand an eine natürliche Ursache?) ereilte uns just in einem besonders schönen Moment. Kurz zuvor haben wir noch darüber philosophiert, ob es überhaupt angebracht ist, es so schön zu haben, angesichts der Gräuel dieser Welt. Helfen wir jemandem, wenn wir mitleiden? Schaden wir jemandem, wenn wir es uns gut gehen lassen. Gedanken, die wir oben im Feenwald bei herrlichem Sonnenschein mit frühlingshaften Temparaturen in reiner Bergluft, beim flanieren über die sattgrünen Wiesen, diskutierten. Eine Antwort fanden wir nicht – und dann, beim Mittagessen eine WhatsApp-Nachricht: Nawalny ist tot. Die Realität hat uns einmal mehr eingeholt. Ein Inselleben schützt eben doch nicht vor dem Wahnsinn dieser Welt. Ob wir hier sind oder zu Hause – die Welt ist die gleiche. In einer Woche geht es nach Hause.

14. Februar 2024 – Ins Getümmel

Nach über drei Wochen praktisch täglichen Unternehmungen, Inseltouren und neuen Eindrücken, sind wir etwas müde geworden. Nicht im eigentlichen Sinne, aber im Kopf. Also brauchten wir etwa Ruhe und sind am Dienstag zu Hause geblieben um einfach die Ruhe unsere Häuschens und den Blick von der Terrasse zu geniessen. Damit hatten wir auch Zeit uns ein paar Gedanken über den Rest unserer Zeit hier zu machen. Es sind ja immerhin noch 10 Tage.

Erste Schlussfolgerung: Autofahren auf der Insel ist ein Stress und ermüdet. Alternative: Taxi,geführte Adventure-Touren oder Bus. Und das wollen wir gleich morgen – also am 14. ausprobieren. Das Problem: Das ÖV System auf der Insel ist nachhaltig intrasparent und für Aussenstehende ein Buch mit 7 Siegeln. Aber – Busse existieren, denn wir begegnen ihnen täglich auf den Strassen. Immerhin finden wir nach ausgiebiger Recherche einen Fahrplan, den wir entziffern können. Ribeira Brava nach Funchal auf direktem Weg, sollten sogar wir schaffen. Also nichts wie hin. In Ribeira dann die Frage welche Haltestelle und wie wir an ein Ticket kommen – es gibt nämlich unterschiedliche Busgesellschaften mit unterschiedlichen Haltestellen. Da an diesen in der Regel keine Infos zu finden sind – fragen wir uns durch und wir schaffen es. Um 10 Uhr sitzen (in meinem Fall, stehen) wir im Bus und lassen uns auf direktem Weg ins Zentrum von Funchal chauffieren. Kosten 3.20, Fahrzeit 25 Minuten. Ausstieg an der Marina wo bereits 2 Aidas und ein Tui-Kreuzfahrtschiff auf uns warten. Wir hatten schon ein Ticket für eine Hop-on/Hop-off Tour durch die Stadt auf dem Handy – eine eigentliche Stadtbesichtigung hat uns bisher gefehlt und auf eigene Faust ist das eher mühsam – und nun standen wir mitten in einem Pulk kreuzfahrender Touristen unserer nördllichen Nachbarn. Kreuzfahrtfeeling pur. Was solls, wir sind ja auch Touristen.

Die Tour war mässig spannend. Historisch gibt die Stadt nicht viel her. Ausser dass die Portugiesen die Insel 1419 entdeckt haben und diese Jahrhunderte als Zuckerlieferantin und Zwischenstation im Sklavenhandel diente, gibt die Geschichte wenig her. Dass sich Sissi und Churchill in die Insel verliebt haben sei am Rande notierte und das Ronaldo aus Funchal stammt, sei für Fussballfans erwähnt. Diesem begegnet man auch sonst an vielen Ecken und Enden. Der Flughafen ist nach ihm benannt, ein Museum und und und. Architektonisch stechen ein paar alte Kolonialbauten ins Auge, besonders prächtig sind aber die Plätze und Gärten, die jetzt Mitte Februar zum Teil zu erblühen beginnen. Die Bougonvilleas strahen bereits um die Wette. Höhepunkt war aber der Halt in Camara de Lobos, direkt bei Funchal gelegen. Hier stiegen wir aus.

Camara de Lobos ist DER angesagte Ort hier auf Madeira – also ein Ort, wo man gewesen sein muss. Sprich: ein Touristenmagnet – quasi das Zermatt der Insel, ohne Horn, dafür mit malerischer Bucht. Tatsächlich schmiegt sich der Ort eng um eine kleine Bucht und strahlt mit ihren alten in weissen Fassaden und ockergelben Dächern etwas ursprüngliches aus. Mich erinnert er an die kleinen Orte in Kroatien und Montenegro an der Adria. Das südliche Flair ist unübersehbar. Selbstverständlich lebt der Ort vom Tourismus – die Gassen sind bestuhlt und laden zum Essen. Erstaunlicherweise nutzen die Madeiraner ihre schönen Lagen nicht für Extraprofite aus. Auch hier sind die Preise moderat und absolut vergleichbar mit dem gewöhnlichen Hinterland. Auf jeden Fall hat’s geschmeckt. Ach ja – in Camara de Lobos residierte und malte einst Churchill. Ein schönes Plätzchen für einen Rentner.

Das eigentliche „Highlight“ des Tages aber war unsere Rückreise mit dem Bus. Diesmal in einem alten klapprigen Gefährt, dass seine besten Tage mitte des letzen Jahrhunderts hatte und nur noch von der Farbe zusammengehalten wird. Dazu muss man wissen, dass es für die gleiche Strecke 2 Varianten aber mit der gleichen Busnummer gibt (entweder rapida oder durch die Dörfer).. Wir wählten, durch die Dörfer. Und jetzt begann ein Höllenritt. Erstens zieht sich die gleiche Strecke über die gefühlt 10-fache Länge durch 1000 namenlose Aussenposten der Stadt und die Dörfer oben an den Bergen, durch enge, vollparkierten Strassen, bergauf und bergab. Der routinierte Busfahrer – vermutlich tiefgläubig, den anders ist sein Gottvertrauen in die klapprige Technik und das Fahrverhalten seiner Mitbürger, kaum zu erklären – drückte auf die Tube und kannte keinen Gegner mehr. Ich habe mehr als einmal die Augen verschlossen vor den Abgründen die er ansteuerte und heimliche Stossgebete seien mir hier verziehen.Erst in Ribeira Brava haben wir bemerkt, dass wir die einzigen waren, die die ganze Strecke mitgefahren sind. Vielleicht haben wir auch den kleinen Hinweis – nichts für schwache Nerven, Schwangere, Herzkranke und Touristen – überlesen, Aber es hat Spass gemacht.Übrigens: Wir hätten uns den teuren Hop-on/Hop-off Bus sparen können, der Klapperbus für 3 Franken fuhr auf dem Rückweg quer durch Camara de Lobos. Wir sind und bleiben halt Touris.

Ob ich wegen dieser Höllenfahrt oder meinen nun 71 Lenzen auf dem Buckel, müde und erschöpft ins Bett fiel, will ich eigentlich nicht so genau wissen.

12. Februar 2024 – Miradouros

Nach 2 Tagen werweissen, hadern, rümstöbern und nachdenken (siehe Abschnitt: Vom Wetter, dem Klima und anderen Sünden) setzten wir uns, trotz Gewölk, aber bei warmen Temperaturen ins Auto und fuhren gegen Osten. Ein Schweizer Ehepaar, welches wir auf einer unseer Levada-Wanderung zufällig getroffen haben, hat uns ein paar Tipps gegeben. Diese wollten wir testen. Zu unserer grossen Freude lösten sich die Wolken Richtung Osten mit jedem Kilometer mehr auf. Wir kamen also bei Sonnenschein in Machico, der ältesten Stadt, auf Madeira an. Diese liegt ca. 10 Kilometer östlich des Flughafens. Tatsächlich entpuppte sich das Stadtrzentrum einigermassen antik. Eine alte Festung, mit ein paar verrosteten Kanonen schmückte den Marktplatz und die Gässchen und Häuser wurden vermutlich im 17. Jahrhundert erbaut und sind gut erhalten. Wie vieles auf Madeira eher in klein. Dafür herzig. Das Städtchen lebt heute offensichtlich von der Hotelierie (ein Riesenkasten dominiert die Strandpromenade) und vermutlich Kongressen. Entdsprechende Bauten „zieren“ die ausladende Promenade. Nach zwei Bicas und einem Stadtbummel, das nächste Ziel. Sao Laurenco. Da waren wir schon in der ersten Woche, wussten aber, dass es meist überlaufen ist. Deshalb folgten wir dem Tipp „unseres“ Ehepaars und bogen kurz vor dem überfüllten Parkplatz links ab auf eine kleine Anhöhe mit Radarstation. Eigentlich unspekatakulär. Immerhin verwies der Wegweiser auf einen Aussichtpunkt (Miraduro). Kurz unter der Radarstation ein kleiner Parkplatz – mit genug Platz. Kaum Menschen. Dem Rat unserer Tippgeber folgend wandten wir uns einem schmalen, kaum sichtbaren Pfad zu, der um die abgesperrte Anlage führt. Die Vegetation karg, der Boden wie eine gestern erloschener Hotspot. Überalle Wulste und Blubbergestein (ich finde keine besseren Worte). Nach ein paar hundert Metern war die Rückseite der Anlage erreicht und wir standen vor den Abgründen der Nordostküste Madeiras. Spektakulär ist ein zu schwacher Ausdruck dafür. Einfach überwältigend (siehe Fotos).

Die Sonne drückte immer stärker und die hohe Luftfeuchtigkeit trieb uns den Schweiss auf die Stirn. Das Inselwetter ist eine wahre Kinderschockolade – man wird immer wieder überrascht. Der Schluss ist schnell erzählt. In einem keinen Hafenstädtchen (Canical)) feinen Fisch und dann über die Via Emmental nach Hause. Da scheint in der Zwischenzeit die Sonne auch.

Weekend 3. Woche – Vom Wetter, Klima und anderen Sünden

Anfangs dachte ich noch Madeiras Bucheli wäre ein Genie. Jeden Tag schön, jeden Tag warm und 100% Verlass. In der Zwischenzeit aber haben wir gelernt. Jedes Tal, jede Anhöhe und jede Küste hat ihr eigenes Wetter. Oft starten wir bei Sonnenschein und landen auf 800 Meter in dickem Nebel. Dann ist es hier verhangen und im sonst nassen Norden (so wird es gesagt), ist herrlicher Sonnenschein (wie z. B. am Sonntag). Seit Donnerstag ist Südwestlage und es schiebt sich sehr feuchte Luft über den Atlantik, die sich oben in den Bergen staut. Hier unten ist es dann tropisch (im wahrsten Sinne) und oben kühl und neblig wie im Oktober. Das macht es spannend. Da die Insel klein ist, haben wir eigentlich immer schönes Wetter. Wir folgen einfach dem hellen Licht am Himmel.

Wenn man neu an einen Ort kommt, ist erst mal alles spannend und interessant. Schnell kommt man ins schwärmen und übersieht in der Euphorie manches Detail, das nicht so schön ist. Das ist auch hier und mit uns so. So stechen uns oben am Grat zunehmend die schwarz verbrannten Wälder ins Auge. Ebenso sind die Sünden der Abholzung unübersehbar. Hier im Westen zwischen 700 und 1000 Metern fast nur noch Eukalyptus – der wächst schnell, brennt aber auch wie Zunder. Vom einstigen Laurasilva (dem ursprünglichen „Regenwald) sind nur noch Reste, vor allem auf der Nordseite übrig. Umso schöner sind sie. Offenbar hat die Inselregierung das Problem erkannt und pflanzt wie wild neuen Loorber und anderes Gesträuch. Hoffen wir das die Wiederaufforstung gelingt.

Den Strukturwandel, von einer einsamen, verarmten, von kleinen Landwirschaftsbetrieben geprägten Gesellschaft, kann man schön an den unzähligen Terrassen ablesen, die hier über jahrhunderte angelegt wurden. Diese werden fast nur noch in den Dörfern (als Hausgärten) genutzt. Alle übrigen, die sich hinter den Ansiedlungen bis hoch hinauf ziehen, sind verkrautet und verfallen. Verständlich. Der enorme Aufwand für deren Unterhalt und die Bewirtschaftung steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. Es ist einfacher sein Geld im Tourismus zu verdienen.

09. Februar 2024 – Ein Blick hinter die Kulissen

Die Schlechtwetterfront ist weiter gezogen. Wir haben heute trotzdem nur einen kleinen Ausflug gemacht, da sich noch bedrohliche Wolken türmten und ab und zu ein paar Tropfen fielen. Wir fuhren nach Ribeira Brava. Dieses Dorf hatten wir anlässlich unserer Weltreise 2020 schon mal kurz besucht und wollten schauen, was wir noch in Erinnerung haben. Nicht viel, wie sich bald herausstellte. Vor allem hatten wir den Ort viel kleiner in Erinnerung. Ausserdem wälzte sich heute ein brauner Fluss aus dem Tal und färbte das Meer schmutzigbraun. Ribeira (Bach) Brava (wütend) wird praktisch täglich von x Bussen mit Kreuzfahrttouristen (wie wir 2020) angefahren und wird als malerisches Fischerdörfchen verkauft (was es vor 50 Jahren vielleicht einmal war). Weil das Wetter heute eher mau ist und wahrscheinlich kein Schiff angelandet ist, oder sich alle am Karneval in Funchal vergnügen (ein Ereignis ähnlich Rio – in Inselgrösse), war das Dörfchen praktisch leer. Da Ribeira ziemlich in der Mitte der Südküste liegt und die einfachste Durchquerung nach Norden hier beginnt, ist es auch ein Versorgungszentrum für viele Insulaner. Hier findet man alles.

Wir bestaunten vor allem all die Dinge die uns vor 4 Jahren entgangen sind und deckten uns mit Souveniers ein. Mit Vorsicht näherten wir uns dann an der Küste einem Restaurant – mitten in der Touristenzone – um Preise und Auswahl zu checken und wurden positiv überrascht. Kein Abriss! Also setzten wir hier unsere Beizentour rund um die Insel fort. Es gab natürlich Fisch. Abriss gibt es wirklich wenig auf der Insel. Dass soll hier mal positiv erwähnt werden. Sogar die Parkplätze bei den Hotspots sind in der Regel gratis.

Dann das Essen – wir waren noch nie 2 mal im selben Restaurnt und wurden noch nie enttäucht (ausser dem Kaffee im Nonnental). Zur Auswahl stehen überall Fisch (Thun, Schwertfisch, Doraden, Sardinen) und anderes Meeresgetier (Garnelen, Octopuss, Napfschnecken, sowie Fleisch (Rind und Federvieh). Für kulinarische Banausen gibt es natürlich auch Hamburger und Pizza (auch ich bin ab und zu ein solcher) Die Preise varieren kaum. Für 2 Personen, inkl. Getränke und Kaffee im Schnitt 40 Euro (mal mehr, mal weniger). So lässt sich leben und wir freuen uns schon auf die nächste Entdeckung.

Was uns unser Leben hier besonders angenehm macht ist unser Vermieter – Alberto. Er bringt uns fast jeden zweiten Tag etwas aus seinem oder den Gärten seiner Geschwister und Nachbarn. Vorgestern waren es wieder 10 Eier, 3 Maracujas sowie zwei Kilo neue Kartoffen aus seinem Garten (hier ist immer Ernte). Gestern abend dann einen frisch zubereiteten Poncha (ihr erinnert euch: das Inselgetränk mit Rum und Honig) – ein Gedicht! Den Rum brennt er selber mit eigenem Zuckerrohr, der im Garten wächst. Jetzt wissen wir auch, warum es diese Woche so gequalmt hat im Gartenhäuschen – er hat geschnapst. Wir haben dann noch lange mit ihm geplaudert und viel über das Inselleben erfahren. So sitzen offenbar der Insel-Gouverneur und der Bauminister wegen Korruption, seit ein paar Tagen im Gefängnis. Interessanter auch, was er uns über früher erzählte. Fast jede Familie hatte 8 – 10 Kinder. Alle mussten mithelfen und in den 50iger/60iger Jahren sind zehntausende nach Venezuela ausgewandert. Nun kommen viele wieder zurück. Statt Zuckerrohr, wie früher, werden heute mehr und mehr Bananan angepflanzt, weil sie weniger Arbeit machen. Für den Eigenbedarf haben aber die meisten ein paar Stängel in ihrem Garten. Auf jeden Fall lässt es sich hier leben.

08. Februar 2024 – Bucheli hatte Recht

Auf Madeiras Bucheli ist Verlass – es hat geschifft. Somit muss ich euch auf Morgen vertrösten.

07. Februar 2024 – zu Besuch bei Paul

Ein abgelegtes Fischerdörfchen, hier im Westen, fehlte noch auf unserer Besucherliste – Paul do Mar. Paul heisst auch die Serra über unseren Köpfen und besagter Paul findet sich in manchen Flurnamen. Dieses Paul am Meer findet sich auch kaum in einem Reiseführer und liegt tatsächlich ziemlich isoliert hinter einem Hohen Lavaberg und einem langen dunklen Tunnel, auf einem schmalen Küstenstreifen, unter bedrohlich wirkenden Felswänden. Über die Via Emmental und einem Abstecher in besagtes Tunnel, ist es nicht einmal sehr weit von hier. Nun waren wir aber überrascht. Das 600-Seelendörfchen präsentiert sich ganz anders als erwartet – ziemlich untouristisch. Zwar hat man die Wege und manches Haus liebevoll renoviert, aber im Gesamtbild blieb das Dorf ein altes authentische Fischerdörfchen (oder lässt es zumindest noch erahnen). Am kleinen Hafen, der auch das Dorfzentrum bildet, ein paar kleine Imbissstuben, mit viel einheimischem Publikum. Und hier steht nun auch „Paul“ – als 4 Meter hohe Bronzestatue am Hafen, mit Blick aufs Meer. Paul heisst er eigentlich nicht. Das Denkmal erinnert einfach an all die Seefahrer, welche dieses Dörfchen im Laufe der Jahrhunderte hervorgebracht hat – es sind Dutzende. Das Dorf zieht sich über 2 Kilometer, als schmales Häuserband entlang des Strandes. Hinter den Häusern Terrassen und Bananenstauden, wie hier im Süden üblich. Viele enge Gässchen erinnern uns an Gandria im Tessin. Wir watscheln die rund 2 Kilometer bis ans Ende der Häuser, die von einer senkrechten Felswand gestoppt werden. Und hier meinen wir uns mitten in Katmandu oder Pokara – dem last Hippi-Resort – in Nepal wieder zu finden. Eine ursprüngliche Hippi-Bar, mit Roof-Top und allem was dazu gehört – die Bar de Pedra. Natürlich genehmigten wir uns einen Bica auf der Terrasse, bevor es auf Schusters Rappen wieder zurück ging. In einem ziemlich neuen, hippen Fischrestaurant genossen wir noch einen excellenten Fisch. Paul do Mar – eine echte Überraschung.

Nach Hause ging es über eine steile Bergstrasse, die sich hinter dem Dorf durch die schroffen Wände schlängelt – hoch nach Faja da Ovelha. Die schwindeleregenden Tiefblicke und uralten, naturbelassenen Tunnels boten den krönenden Abschluss eines tollen Tages. Morgen soll es nun wirklich mal regnen – falls wir Madeiras Bucheli glauben. Wir haben deshalb mal nichts geplant.

Und weil ès so schön ist – ein Foto von heute früh, von unserer Terrasse: (Foto Ursi)

06. Februar 2024 – Suchen ist nicht Finden

Eigentlich planten wir eine Levada-Wanderung hoch über der Westküste bei Prazeres (Luftlinie ca. 10 km von hier). Wie Arco de Calheta, wo unser Häuschen steht, ist es eine Fraktion der Gemeinde Calheta (oder des Bezirks – wie man will). Die halbe Nacht habe ich die Online-Karte studiert, um ja den richtigen Abzweiger, für den Einstieg in die Wanderung nicht zu verpassen. Nun muss man wissen, wie das Gelände hier „gekammert“ ist. Der Steilhang der Serra do Paul, an dem wir kleben, gliedert sich in unzählige, fingerartige Wulste, die von teils tiefen, grabenartigen Taleinschnitten getrennt sind. So muss man eigentlich die Anzahl Taleinschnittte (die sich wie ein Ei dem andern gleichen) merken, um zu wissen, wo man abbiegen muss. In unserem Fall waren es 15. Selbstsicher folgte ich in Prazeres also dem ersten Wegweiser „Levada“ und landete 10 Minuten später oben auf der Serra. Umkehren – nö? Wir beschlossen den nächsten „Levada-Wegweiser“ anzukurven und einfach dort unsere Wanderung zu machen. Unser Motto: Levada ist Levada. Da der Levada-Gott mit uns war, erwischten wir ein wahres Goldstück- die Levada Alcerim. Rund 7,5 Kilometer durch eine dicht bewachsene Heidelandschaft mit Erika-Sträuchern und Zedernbüschen – topfeben, entlang des Grates der Serra, auf der Nordseite, im Tal von Janal. Es läuft sich wie unter einem Baldachin, auf gut ausgebautem Weg, im Halbschatten, entlang der Wasserrinne (der besagten Levada) Ein absoluter Genuss. Vor den Erbauern dieser Wasserkanäle kann man nur den Hut ziehen – es soll auf der Insel insgesamt ca. 3000 km davon geben – ein wahres Meisterwerk. Dazu der perfekt ausgebaute Pfad daneben, der nicht nur dem Unterhalt, sondern heute auch dem Tourismus dient. A propo Touristen. Am Start gibt es einen riesigen Parkplatz. Es ist der Ausgangspunkt zahlreicher „berühmter“ Levads, die „man“ unbedingt gemacht haben muss, um damit in Instragram punkten zu können. Hierher werden auch busweise Tagestouristen hingekarrt. Wer also den falschen Wegweiser folgt, reiht sich ein in eine Radiowanderung, die sich gewaschen hat. Wir hatte Glück und erwischten eine weinig begangene Route, die umso schöner war (zumindest für uns). Hochzufrieden steuerten wir nach knapp 4 Stunden wieder unsern Parkplatz an – der nun überquoll. Wir haben gesucht und gefunden. Nicht das Gesuchte, Das entpuppt sich oft als die bessere Alternative.

05. Februar 2024 – Der Ballenberg ist geschlossen

Um unsere lädierten Glieder und Gelenke nicht zu überstrapazieren (ja wir sind auch nicht mehr die Jüngsten), soll es heute in Madeiras Ballenberg gehen. Ein Themenpark in Santana mit alten, ursprünglichen Häusern und Anlagen, wie sie früher auf Madeira genutzt wurden. Stellvertreten dafür stehen die sog. Dreieckshäuser. (siehe Internet Foto)

Was für eine Freude, als wir auf den Parkplatz des Parco Tematico da Madeira fuhren: Der war nicht nur kostenlos, er war auch leer! Selbst die Dutzenden Busparkplätze waren verwaist. Nix wie hin zum Eingang. Endlich mal keinen Dichtestress. Montag ist halt schon ein guter Tag für solche Unternehmungen, dachten wir – bis wir vor einer verschlossenen Gittertür standen. Wegen Montag zu – geschlossen! Ein vorheriger Blick auf die Parkwebseite hätte uns die Fahrt um die halbe Insel erspart. Diesen Hinweis schafft sogar „Fischer, Au Wädenswil am Zürisee“. Aber Trübsal blasen ist nicht so unser Ding und so steuerten wir einfach den nächsten Ort an: Sao Jorge. Keine Anhung was es da zu sehen gibt. Einbiegen in die nächste Seitenstrasse und dem braunen Wegweiser (dass sind die, die irgendwelche Sehenswürdigkeiten anzeigen) „ruinas“ folgen. Der Rest ist rasch erzählt: Wir hätten es nicht besser treffen können. Am Ausgang eines engen, mehr oder weniger der Natur überlassenen Flusstals, eine alte Brücke, ein Pot (Naturschwimmbad), alte Hausruinen und einen „Cais Antigo“ (einen alten Weg), entlang der Steilküste. Nicht mal Bar und Restaurant haben gefehlt. Eine wahre unbekannte Perle, die man kaum in einem Reiseführer findet „Calhau San Jorge – eine geschütztes Reservat an der Nordküste. Um diese Zeit – es war mittlerweile 11 Uhr – leer. Nach einem obligaten „Bica“ (ein kleiner, schwarzer Espresso) ging es an die Erkundigung dieses magischen Ortes. Einfach zum Verlieben. Wahrscheinlich 100 mal authentischer als unser „Ballenberg“. Und weil es so schön war, gab es auch gleich Mittagessen. Ausnahmsweise mal keinen Fisch.

Und selbst die Heimfahrt über Funchal bot noch eine Überraschung: Ein Stau! Wie bei uns, aus unerfindlichen Gründen. Ich habe mich kurzzeitig wie zu Hause gefühlt.

04. Februar 2024 – Frisch und Fisch

Sonntag. Bereits ist die dritte Woche angebrochen und wir ziehen eine erste Bilanz. Erste Erkenntnis: Um die touristischen Highlights dieser kleinen Insel abzuklappern, genügen auch 2 Wochen. Es gibt sogar welche, die schaffen das an einem Tag. Das ist wie 12 Tage Europa für Japaner. Aber deswegen sind wir ja nicht hier. Wir können vertiefen, es ruhig angehen, auch Unbekanntes oder wenig Bekanntes entdecken und einfach die Zeit im Häuschen geniessen – wie heute. Denn heute bläst ein eklig kalter Wind. Gerade recht um runter ans Meer zu gehen um im Windschatten einen weiteren Fisch zu verdrücken. Falls wir also nach 5 WochenFlossen haben sollten, müsst ihr euch nicht wundern.

Wir machen uns diese Woche deshalb auf die Suche nach wenig Bekanntem. Mal sehen wohin es uns führt. Oben in Lappland (Sierra do Paul) hat es noch viele nicht begangene Pfade und Gipfel.

03. Februar 2024 – Gipfelstürmer

Heute haben wir zwei Gipfel bestiegen. Den Bica de Cana und den Pico Ruivo do Paul – mit 1640 müM der höchste Gipfel auf der Serra do Paul. Wir kamen mächtig ins Schnaufen, obwohl wir nur je gut 150 Höhenmeter zu überwinden hatten. Die beiden Hügel präsentieren sich auch nicht wirklich als Gipfel, wie wir sie kennen, sondern eher wie Hügel in einer weiten Hochebene. Diese hat es uns wirklich angetan. Man fühlt sich hier wie in Lappland. Blühender Gingster, offene Grasflächen und mittendurch eine schnurgerade Strasse, welche die Inselmitte in eine Nord- und Südhälfte teilt. Gesäumt von einem grossen WIndpark. Der ideale Ort für die Stromproduktion – Wind gibt es hier immer und die zahlreichen Rotoren drehen sich auch heute brav im Wind. Uns gefallen sie, und wer jetzt denkt, dass mache sicher viel Lärm (ein Argument, dass ja oft dagegen ins Felde geführt wird) muss ich enttäuschen. Selbst mit viel Anstrengung ist kaum etwas zu höhren.

Ebenso imposant sind die Aus- und Tiefblicke von den beiden Gipfeln. Einmal auf die Hochebene. Einmal hinaus auf den Atlantik der Nordküste, tief hinunter ins Tal von Sao Vicente und dann hinüber in den wilden, zerklüftenen Osten auf die höchsten 3 Madeiraner den Pico Arivo, Pico Torres und den Pico Ruivo (1861 müM), die sich über dem Nonnental erheben. Die junge Vulkaninsel (18 Millionen Jahre) zeigt hier ihr wildes Gesicht.

Ein echte Kontrastprogramm zum gestrigen Touristenhighlight. Kaum Menschen, kaum Verkehr. Ruhe und Seelennahrung wohin wir auch schauen. Das Mittagessen besteht heute aus einem Picknick in einem kleinen Wäldchen und als wir nach Hause kamen, beschenkte uns Alberto mit frischen Sternfrüchten aus Nachbars Garten und einer Avocado. Wenn es morgen auch schön ist – was es eigentlich immer ist – geht es ans Meer.

02. Februar 2024 – Wir hätten es wissen können

Heute früh: Stahlblauer Himmel, eitel Sonnenschein und warm. Der perfekte Tag für unser Nonnental. Also rein ins Auto und los geht’s. Doch schon auf der Estrada Emmental Richtung Funchal scheint es heute anders zu sein, als sonst. Hektik, unsinnige Überholmanöver und viel Verkehr. Ob es am Freitag oder Halbmond liegt? Wir lassen uns vorerst nicht aus der Ruhe bringen. Die richtige Ausfahrt im Strassenlabyrinth von Funchal zu finden ist nicht einfach – ich fahre ja ohne Navi und unser Strassenkarte ist nicht auf dem aktuellsten Stand. Egal, die Richtung ins Landesinnere muss stimmen und nach zwei, drei Wendern ist der Aufstieg in dieses sagenumwobene Tal gefunden. Es geht wieder einmal aufwärts – was denn sonst. Verkehr hat es hier kaum. Umso spannender die Landschaft. Es geht hinauf in ein enges, zerklüftetes Tal, dass von schroffen Gipfeln umzäunt ist. Nicht umsonst heisst es hier auch die grüne Hölle, denn wir fahren durch einen üppigen Wald mit unbekannten Laubbäumen und allerlei Sträuchern. Oben an den Hängen, schon in der Sonne, unzählige Terrassen und einzelne Häuschen. Die Landschaft erinnert mich abwechslungsweise an Thaiti, das Tessin oder das Kumbu im Himalaja. Was uns wohl am Ziel erwarten mag?

Ein pitoreskes Dörfchen in einer engen Schlucht und eine klassische Touristenfalle. Sprich: Überteuerte Souvenirshops und Cafés mit schlechtem Kaffee. Die Kulisse malerisch, das Ambiente zum davonlaufen. Touristen werden jeepweise herangekarrt und durch die Auslagen gejagt. Nach einem wässrigen Kaffee und einem zweifelhaften Kastanienlikör (eine lokale Spezialität), sowie ein paar obligaten Fotos beschliessen wir zu gehen. Es ist uns zu beengt. Auf der Rückfahrt noch zwei, drei Fotostops und bald sind wir wieder in den Vororten von Funchal und suchen den berühmten Botanischen Garten in Monte. Es ist ja erst 11 Uhr. Eine sehr schlechte Idee, wie sich rasch herausstellt. Wir erwischen eine schmale Quartierstrasse, die sich durch die Häuserzeilen schlängelt. Bus vor uns, LKW, hinter uns, Hunde neben uns, Fussgänger die über die Strasse rennen und alles zwischen geparkten Autos, links und rechts. Stress pur! Das erste mal in zwei Wochen. Das Fahren ermüdet mich und ich habe Hunger. Also umkehren. Auf der Via Emmental (die wir tatsächlich auch noch gefunden haben) ist die Hölle los. Vermutlich machen die Madeiraner am Freitag Nachmittag blau. Alle strebt mit Bleifuss nach Hause. Nix mit entspannt. Die Bedienung in der Pizzeria von Lugar da Baixo hässig und kurz angebunden. Passt.

Wir hätten es wissen können. Hochgejubelte „places where you have been“ sind nicht die unseren. Wir werden sie zukünftig noch mehr meiden. Wir lernen dazu.

01. Februar 2024 – Von Rasen, Kühen und Lappland

Wieder pfiff heute Nacht der Wind ums Haus und er rüttelte auch noch beim Frühstückkaffee an unseren Fensterläden. Der Wind zwar warum und die Sonne scheint ebenfalls. Wie es wohl oben auf Paul da Serra ist – unserem heutigen Ziel? Paul da Serra ist die Hochebene quais senkrecht hinter unserem Haus auf ca. 1100 Metern. Eine Art Steppenlandschaft. Da oben gibt es unzählige Wanderwege und den bekannten Feenwald mit den uralten Stinklorbeerbäumen. Da wollten wir hin. Sollen wir das Programm schon wieder ändern oder einfach mal schauen was da oben los ist? Wir entscheiden uns für Letzteres. Also plagen wir unseren Fiat 500 der die 700 Höhenmeter in der Falllinie zu meistern hat – der Ärmste. Nicht gelogen, in den Steilpassagen hatte er sogar im ersten Gang Mühe – aber wir schaffen es. Gut gemacht. Fanal – der Ausgangpunkt unsere Wanderung liegt etwas unter dem eigentlichen Kamm und ist etwas windgeschützt. Tatsächlich ist es da ziemlich windstille und die Temepratur für 1100 Höhenmeter mit 15 Grad sehr angenehm. Da wir früh sind, ist der Parkplatz noch halbleer und wir starten. Wir waren ja bereits vor 10 Tagen einmal hier, auf eine Stippvisite und wollten jetzt mehr sehen. Es öffnet sich hier eine wite Grasebene. Dieses ist kurz wie Englischer Rasen und weich wir ein Perserteppich. Ein echter Wandergenuss. Wir sind praktisch allein auf weiter Flur. Die verhuzelten Baume, denen das Alter in jeden verkrümmten Ast geschrieben ist, strahlen eine ganz eigene Magie aus. Man meint man wäre bei den Hobits oder Steven Spielbergs Velociraptoren würden nächstens aus den dunklen Baumgruppen stürmen. Eine Landschaft für die Seele. Nach knapp 2 Stunden steuern wir wieder unseren Parkplatz an, der nun gut gefüllt ist. Offenbar karren Adventure-Agenuten Horden von Gruppen hier hoch. Zeit also aufzubrechen, hinunter auf die Nordseite über die Paul da Serra. Schneller gesagt als getan. Die Strasse wird erst mal von einer kleinen Kuherde blockiert, die hier frei herumstreift. Den Paltz freigeben -Fehlanzeige. Sie wissen dass wir warten. Dann geht es aber vorwärts über die Hochebene, die mich hier an Lappland erinnert. Gebschüsch, offene Moorlandschaften, einzelne Baumgruppen – hier gibt es sogar einzelne Tannen, die man weiter unten nicht findet. Dann ist Schluss! Mitten auf der Verbindungstrasse nach Sao Vizente ein Stoppschild – gesperrt! Ein kleiner Hinweis beim Anzweiger wäre noch nett. Was solls. Umkehren und den Weg über Janal. Die Aussicht auf die Küste von oben entschädigt den Umweg um das x-fache. Das Nonnental nehmen wir uns für morgen vor.

31. Januar 2024 – kleine Perlen am Strand

Heute beim aufstehen,…

dabei wollten wir ins Nonnental – mitten in die Caldera der Insel, hinter Funchal. dass in jedem Reiseführer hochgejubelt wird. Wenn wir schon hier sind, warum nicht – obwohl wir sonst Touristen-Hotspots tunlichst meiden. Aber egal, heute wird nichts daraus. Programmänderung. Im Westen scheint es aufzuklaren und da gibt es noch ein paar kleine, verschlafene Dörfchen am Strand, die sicher froh um einen Besuch sind um diese Jahreszeit. Jardim do Mar (Garten am Meer) heisst unser Ziel. Dieser ist über die Via Emmental schneller erreicht als gedacht. Nach 20 Minuten stehen wir bereits auf dem Parkplatz am Dorfeingang. Die wenigen Häuser gruppieren sich am Ausgang eines engen Einschnitts. Wie üblich hier kleben die gelben Häuschen mit den roten Ziegeldächern an steilen Hängen und sind von grünem, wilden Gärten und Terrassen umgeben. Einige Ruinen zeugen von anderen Zeiten. Viele Terrassen sind auh nicht mehr bewirtschaftet. Ein Grossteil der Häuser dienen offensichtlich als Ferienhäuser. Es wirkt pitoresk einerseits, geschleckt und gepützelt, wo die Ferienhäuschen sind. Zahlreiche enge, steile Gässchen und Treppen führen hinunter ans Meer, dass man hier schon von weitem hört. Der Atlantik schiebt hier seine Wellen mit voller Wucht an die Küste. Unten angekommen, eine schöne Promenade, gesäumt von üppigen Gärten, Bananenstauden und Zuckerrohr. Wir haben aber vor allem Augen für die türkisen Wellen, die sich hier an den Steinen brechen und einen Höllenlärm veranstalten. Ein unbändige Gewalt, die hier Stunde um Stande, Tag für Tag und Jahrtausende an den Felsen nagt. Jardim do Mar – eine kleine Perle am Strand. Der Rest ist schnell erzählt. Snack-Bar am Strand. Feines Essen und geniessen. Regen gab es hier den ganzen Tag keinen. Das Nonnental haben wir nicht vermisst. Wir haben eh noch mehr als 3 Wochen Zeit.

30. Januar 2024 – bei den Schönen und Reichen

Statt wie geplant hinauf in den Nebelwald, ging es heute runter ans Meer. Über dem Inselinneren türmen sich seit Sonnenaufgang die Wolken und wir wollten nicht wirklich im Nebel herumstochern. So haben wir uns kurzerhand umentschieden und wollten mal die Fischerdörfchen unten am Strand, die man auf der Estrada Emmental nur als Ausfahrt nach einem Tunnel, bevor es in den nächsten geht, erahnt, erkundigen. Erstes Ziel: Ponta do Sol – die angeblich sonnigste Ecke Madeiras und gleichzeitig ihr erster und ältester Hafen. Weit ist es nicht. Nach zwei Tunnels winkt bereits der Kreisel mit der Ausfahrt und die ersten Häuser tauchen auch schon auf. Also dem Wegweiser „centro historico“ folgen. Es ist noch früh und Touristen hat es noch keine, was die Parkplatzsuche vereinfacht. Wobei Parkplätze auf Madeira generell kein Problem sind. Man parkiert auch mitten auf der Strasse, in Kurven, Engstellen – egal. Der andere hat ja ein Lenkrad. Man gewöhnt sich dran und wer Gailingen kennt, weiss von was ich schreibe – hier einfach in krass und wirklich auf jeder Strasse.

Das Zentrum ist schnell gefunden. Es sind auch nur ein paar Schritte und noch weniger Häuser, die sich hier in einen engen Talausgang zwängen. Die Beachfront ist wirklich malerisch. Es reiht sich Nobelhotel an Nobelherberge. Sankt Moritz und Gstaad lassen grüssen. Ein Blick auf die Aushänge in den Restaurants und Bars verrät auch, dass hier nur zahlungskräftige Kundschaft erwünscht ist. Im Schnitt ist alles doppelt so teuer, wie im kaum 3 Kilometer entfernten Calheta. Malerische Kulissen sind eben teuer. Wir promnadieren trotzdem den Quai einmal hinauf und einmal hinunter und bewundern die alte Architektur und die schwindelerregenden Standorte der Villen auf senkrechten Felsvorsprüngen. Ein Bica (Espresso) am View Point mit Blick auf eine alte Steinbrücke liegt noch drin, bevor wir das Nachbardort Madalena do Mar ansteuern. Welch ein Kontrast. Einfache Häuser, Banananplantagen und normale Einheimische auf der Strasse. Nur ein paar Paraglider, die gerade ihren Bus verladen, lassen erahnen, dass auch hier Ferien gemacht werden. Wir erkundigen den Strand und bestaunen den Jurassic-Park-Felsen, den wir am Samstag bereits vom Boot aus sahen. Ein imposanter Klotz. Schon nagt auch der Hunger und es ist Zeit ein Restaurant anzusteuern. Bei nur zwei vorhandenen viel die Wahl nicht schwer. Auch hier gut und viel. Wir sollten einfach aufhören, auch noch eine Vorspeise (heute eine mehr als üppige Tomatensuppe mit Einlagen) zu bestellen. Die Mittagshitze am Strand vertrieb uns dann bald in die Höhe. Dort wartete Alberto mit einer frischen Papaya und 2 Avocados. Wir sind wirklich Luxusrentner (dieses Unwort soll in der Schweiz ja gerade die Runde machen, um die 13 AHV zu bodigen). Ich stimme trotzdem JA.- es gibt genug andere, die es dringend brauchen können.

29. Januar 2024 – Amerika

Gestern ist mir ein Zeh am Türstopper hängen geblieben -auutsch. Jetzt ist dieser knütscblau und schwere Schuhe bekommen ihm überhaupt nicht. Aber zum stundenlang Wandern gibt es zum Glück Alternativen. Wir fuhren hinaus in den äussersten Westen, dorthin wo man Amerika schon riechen kann. Dort soll auich ein Leuchtturm stehen, verrät die Strassenkarte. Die Estrada Emmental führt zwar auf direktem Weg dorthin aber wir wollen ja was von der Landschaft sehen und Tunnels meiden. So fuhren wir auf der ER 222 – einer kurverreichen Regionalstrasse, durch die unzähligen Dörfchen auf den noch unzähligeren Felsvorsprüngen.(zu erkennen an Bezeichnungen, wie „Arcadas“). So ging es eine Stunde rauf, runter, nach vorn, nach hinten und wieder von vorn. Wer auf Madeira glaubt es wäre ja nur ein Katzensprung, irrt. Die Taleinschnitte und Kurven summieren sich zu Langstecken. Aber wir haben ja Zeit und das Fahren macht Spass, denn es hat kaum Verkehr. Ein Traum für passionierte Passfahrer wie mich. Hier werde ich nochmals so richtig jung 😉

Der Leuchtturm war schnell gefunden und entpuppte sich als Türmchen. Dafür war der Tiefblick auf die Klippen der Westküste umso spektakulärer. WIr konnten uns kaum losreissen. Der Hunger trieb uns dann doch ins Dörfchen über uns, wo wir eine kleine Snackbar fanden. Wie gewohnt hier: Gut und günstig, um nicht zu sagen sehr gut. Wir schlemmen uns uns hier den Wanst voll. Morgen geht es hoch in den Nebelwald. Sofern der Zeh mitmacht, gibt es eine Wanderung.

Beobachtungen und andere Merkwürdigkeiten

Sonntag: Zeit zum innehalten und ein paar Beobachtungen und Gedanken sortieren.

Unser Ferienhaus befindet sich dort, wo die Menschen auf Madeira wohnen. Touristen sehen wir hier weit und breit keine. Der Supermercado, etwas weiter oben wird ausschliesslich ein Einheimischen frequentiert, die Pizzeria ebenso. Gemüse und Früchte sind von den Gärten im Dorf. Der Laden ist auch ein Take-Away für Mittag- und Abendessen. Jeden Tag gibt es frische Salate und man hat die Wahl zwischen Fleisch Fisch, Kartoffeln und Reis. Das Essen ist gut und günstig. Viele Einheimische scheinen das Kochen zu Hause zu lassen und bedienen sich hier. Angschlossen ist auch eine kleine Bar. Wir gönnen uns bei jedem Einkauf ein Bica (Espresso) und ein Pasteis de Nata (fein und süss). Ein richtiger Treffpunkt in Loreto (so heisst der Dorfteil). Die zwei Komischen aus dem Ausland sind aber schon bekannt und ein Lächeln ist ihnen gewiss.

Nachts krähen nicht nur die Hähne um die Wette, es fliegen auch Hornissen durchs Tal. Man kann die Uhr danach stellen: Um 22:30 heult eine hochtourige Suzuki/Kawazaki/Frag-mich-nicht Maschine auf und brettert durchs Dorf, den Hügel hinauf, die Strasse hinunter ans Meer und kommt wieder zurück. Das Tal erschallt in ohrenbetäubendem Lärm. Sich daran stören tut sich offensichtlich niemand – nicht mal die Polizei. Das Tempo welches dieser „Dorftrottel“ (sorry for that) drauf hat, muss abaritig sein. Ich schätze es mal auf deutlich über 100 kmh. Hoffen wir für alle, das niemand anders auf der Strasse ist, wenn er sich in die Kurven legt. Beruhigend, dass es acuh hier die obligaten Schwachköpfe gibt. Bei uns daheim ist es ein Autofahrer, der sich regelmässig als Röhrender Hirsch gebärdet. Ich gebe mich geschlagen, sie haben den Grösseren, ich nur ein Fiat500.

Schon dachten wir, hier würde die Sonne immer scheinen. Gestern Nacht wurden wir nun aber von einem Gewitter überrascht. Das Gerumpel zog über die Hänge hinter uns. Ein heftiger Platzregen reinigte die Luft, welche die letzten Tage voller Saharasand war (Südostwind). Heute morgen ist es dafür wieder klar und bereits hält man es auf der Tarrasse nicht mehr aus. So fahren wir ans Meer und suchen ganz im Westen (Punto do Pargo) eine kühle Brise.

Heute ist Wäschetag

27. Januar 2024 – Höllenritt

Was wäre eine Insel im Atlantik, ohne Meeresgetier? Da Madeira auch noch dafür bekannt ist, dass hier Delfine und Wale überwintern, buchten wir eine Tour, um eben diese zu bewundern. Wale and Dolfin Watching, nennt sich das. Calheta ist einer der Ausgangsorte und so buchten wir bei einer Agentur, die besonders umweltschonend und tierfreundlich beworben wird. Auch wir glauben an das, was man uns glauben lässt. Eine Garantie, ob man dieses Meeresgetier zu Gesicht bekommt oder nicht, gibt es keine, denn 1. ist das Meer gross und 2. machen die Tiere was sie wollen und tauchen bestimmt nicht extra für ein paar zahlende Touristen auf. Es ist also ein Suchen im Heuhaufen, wobei die Agenturen ihre Späher haben und aus Erfahrung wissen, wo es gerade welche Tiere zu sehen gibt. So standen wir, wie vereinbart um halb 10 am Hafen, um dann zu erfahren, dass erst mal nix ist. Zu viel Wind. Immerhin bekamen wir den Zodyak, unser Transportmittel – ein Speedboot zu Gesicht und ein neues Zeitfenster – nachmittags um halb 3. So totteten die 12 Teilnehmer davon und wir zurück ins Häuschen. Immerhin beruhigte uns dieser Entscheid. Zumindest riskiert hier niemand Kopf und Kragen um ein paar Euros mehr zu verdienen. Und so standen wir dann um halb drei erneut vor der Agentur. Der Wind hat merklich nachgelassen.

Aber erst hiess es mal sich in steifes Ölzeugs zu zwängen (vornehm ausgedrückt, in einen Friesennerz) – es könnte nass werden, hiess es. Der 1000 PS-Motor (zumindest gefühlt) brummte los und wir schossen in einem Affenzahn hinaus auf den Atlantik. Käpten Ahab gab alles und das Boot flog von Wellenkamm zu Wellenkamm. Zwischendurch ein harter Aufsetzer, den der Rücken hoffentlich zu verzeihen weiss. Nun wurde uns auch klar, warum unsere Tourbegleiterin -eine junge Meeresbiologin – davor warnte nach ganz vorne zu sitzen. Die Fallhöhe ist an der Spitze nichts für schwache Nerven und Rücken. Herz- Rückengeschädigten und Schwangeren wird dringend geraten an Land zu bleiben. Wir können diese Warnung bestätigen. Nun aber preschte unser Boot raus aufs offenen Meer Richtung Funchal, wo ein Späher Delfine gesichtet haben will. Die rund 25 Kilometer sind in einer halben Stunde geschafft und wir auch. Wer den Europapark mag, ist hier aber gut bedient.

Der Höllenritt (hier in der abgeschwächten Form)

Und in der Tat, wir landeten mitten in einer jagenden Gruppe Delfine. Doch mit dem Beobachten ist es so eine Sache. Man weiss nie, wo das nächste Tier auftaucht und so schweifen die Blicke angespannt über die endlose Wasserfläche. Dann plötzlich ein Huii, ein Ohhh, ein Ahhh, aber schon ist das elegante Tier wieder in den Fluten verschwunden. Aber wir haben ja Zeit und so dümpeln wir über eine Stunde zwischen den auf- und abtauchenden Delfinen. Noch schwieriger als beobachten entpuppte sich nur noch das Fotographieren. Von 100 mal Klick sieht man auf 70 Wasser, auf 10 etwas verwackeltes, 10 lassen ein Tier erahnen und 5 sind gerade so passabel. Trotzdem ein tolles Erlebnis. Leider ohne Potwale, die vor Madeira den Winter verbringen – sich aber meist zieren, sich zu zeigen. Der letzte wurde angeblich vor 3 Tagen gesichtet.

Zurück geht es etwas zahmer und wir können nun auch die Küste geniessen. Aus der Meeresperspektive sieht man erst, wie dicht der Küstenstreifen besiedelt ist. Die Häuser kleben, ziehen sich nahtlos von Ost nach West und bedecken jeden Felsvorsprung. An Land selber hat man allerdings einen gegenteiligen Eindruck. Es ist ruhig und eher ländlich (ausser in Funchal natürlich).

Das war unsere erste Woche auf Madeira. Morgen ist Sonntag und wir bleiben zu Hause. Wir sehen uns satt am Atlanzi und planen unsere nächsten Ausflüge.

26. Januar 2024 – Das Ostende und 10’000 Kurven

Heute Nacht hat es gestürmt. Es pfiff ums Haus, als als ob die Rhätische Bahn einen Pfeif-Wettbewerb veranstalten würde. Dabei wollten wir heute doch raus in den äussersten Osten, wo es besonders malerisch sein soll – die Landzunge Sao Lourenco. Es wird aber auch vor heftigen Winden gewarnt. Was also tun? Würfeln und das Schicksal entscheiden lassen? Wir entschieden uns zu einer Erkundigung vor Ort. Denn eines haben wir hier schon gelernt: Jede Ecke hat ihr eigenes Wetter – ist die Insel auch noch so klein. Also los. Aber erst noch tanken. Bescheidene 22 Liter zum Schnäppchenpreis von 1.33/Liter.Es gibt nichts zu motzen.

Bis zum Ostende müssen wir 3/4 der Küste abfahren, quer durch Funchal, vorbei am Flughafen, durch dicht besiedelte Städtchen und Orte. Wie immer auf der Estrada Emmental. Verkehrstechnisch einfach und ohne Staus und Hektik. Kurz nach dem Flughafen öffnet sich die Landschaft und gibt den Blick frei auf eine langgezogene, schmale Landzunge – Sao Lourenco. In der Ferne, im Dunst, ist sogar das unbewohnte Eiland „Desertas“ auszumachen. Wir sind aber nicht die Einzigen hier. Offensichtlich tummeln sich auch noch andere Touristen auf der Insel. Der Parkplatz ist rappelvoll und am Startpunkt zur 4-stündigen Wanderung, hinaus zum Pico do Furado herrscht ein babylonisches Stimmengewirr. Wie es scheint haben Putins Profiteure auch auf dieser Insel ein sicheres Refugium gefunden – Russisch dominiert eindeutig. Irgendwer wird wohl die bewachten Villen, die wir auf der Hinfahrt „bewundert“ haben, bewohnen. Wir vermuten mal, es sind nicht die Ärmsten dieser Welt.

Der Wanderweg entpuppt sich als gut ausgebaute „Autobahn“. Menschenschlangen ziehen sich weit über die Hügel. Wie das wohl in der Hauptsaison ist? Wir marschieren trotzdem los. Zum Glück sind die meisten in unsere Richtung unterwegs und der Gegenverkehr hält sich in Grenzen. Wir nehmen es sowieso gemütlich und bewundern in erster Linie die herrliche Landschaft und den tiefen Blick hinunter auf die Steilklippen. Oft geht es steil hinunter um auf der andern Seite ebenso steil hinauf zu gehen. Entgegen der Wetterprognose ist kaum ein Lüftchen zu spüren und die Sonne brennt uns auf den Pelz. Da hier die Bäume fehlen, gibt es auch keinen Schatten. So beschliessen wir nach einer Stunde den Rückweg anzutreten. Das nächste mal starten wir früher. Der Sonnenaufgang soll hier besonders schön sein. Trotzdem nehmen wir schon jetzt eindrückliche Bilder mit nach Hause.

Sao Laurenco, windstill und 25 Grad

Für die Heimreise wählten wir den Weg über die Nordküste, die wir bisher nur punktuell gesehen haben. Hier im Nordosten scheint auch der Touristen-Hotspot der Insel zu sein. Häuser kleben auf jedem Felsvorsprung. Die Landschaft ist zerklüftet und die Strassen schlängeln sich steil und kurvenreich durch die tiefen Täler. Die Vegetation ist noch üppiger als in der trockenen Südwestecke. Statt Bananen findet man Wein und Avocados. Der Norden ist definitiv noch viele Besuche wert. Zum Glück haben wir noch 4 Wochen. Aber erst geht es die senkrecht ins Meer fallende Nordküste hoch bis ans Westend und über die Serra und gefühlt 10‘000 Kurven nach Hause. Auto fährt man auf dieser Insel zwar weitgehend allein, (zumindest auf den Regional- und Nebenstrassen), dafür erfordert es vollste Konzentration. Die nächste Kurve liegt kaum eine Wagenlänge voraus und der nächste Abgrund wartet auf ein Opfer. Mir macht’s trotzdem Spass.

Und weil der Tag so voller toller Eindrücke war, überraschte uns Alberto, unser Vermieter, mit einem Dutzend frisch gelegter Eier seiner Hühner und einer frisch gepflückten Papaya. Er tut wirklich alles, damit es uns gefällt.

25. Januar 2024 – Seltsamkeiten und der Norden

Wer in die Fremde reist und die Augen nicht verschliesst, begegnet man Ungewohntem , Fremden und zahlreichen Seltsamkeiten. Auch wir. Und darüber gibt es heute zu berichten:

Ihr kennt ja bereits die Estrada Emmental. Die durchlöcherte Ringautobahn um die Insel. Wer oft die gleiche Strecke fährt, kennt das Phänomen – weil man entspannter fährt, nimmt man plötzlich mehr von der Umgebung wahr. Und was erblickt heute mein aufmerksames Auge mitten in einem (wirklich langen) Tunnel. Fussgänger! Erst rätselten wir, ob sich diese arme Frau wohl den Bus nicht leisten kann. Aber kaum 2 Kilometer weiter, kommen uns in einem noch dunkleren Tunnel zwei Jogger (!) entgegen. Dazu muss man noch erwähnen, dass die Lüftung in diesen Löchern nicht mit unseren Hightech-Tunnels in den Alpen zu vergleichen ist – es benzinelt und gäselt, dass einem schlecht wird. Das scheint diese Sportskanonen aber nicht zu stören – auf ihrem Tagesplan steht: Sport! Soll gesund und schlank machen, hab ich wo gelesen.

Auf unserem Tagesplan stand heute der Norden. Also quasi die Rückseite der Insel. Diese soll feuchter und kühler sein. Wir fahrn zur Inselmitte nach Ribeira Brava (ca. 15 Kilometer von uns, Richtung Funchal) und wollen dort die Schnellstrasse nach Sao Vicente zur Nordküste nehmen. Statt aber über einen hohen Pass geht es erst mal 8 Kilometer durch ein tief eingeschnittenes Tal, den hier ein Fluss gegraben hat. Links und rechts hohe Berge. An den Flanken Terrassen mit Sträuchern und Gärten, die offensichtlich noch bewirtschaftet werden. Nach kurzer Zeit verschwindet die Strasse in einem Tunnel (was den sonst) um uns nach kurzer Zeit den Blick in den Norden zu öffnen. Auch hier ein tiefes, schmales Tal. Wenig Häuser. Nur die Bananen fehlen hier. Sao Vicente ist in weiteren 5 Minuten erreicht. Die Insel schrumpft jeden Tag ein bisschen mehr. Das Örtchen wirkt verschlafen, ist aber hübsch hergemacht. Sehr viele Touristen verirren sich zu dieser Jahreszeit wohl nicht hierher. Dichtestress ist hier ein Fremdwort – das gilt übrigens auch für den Verkehr. Obwohl steil und kurvig – Stress kommt nie auf, weil man meist allein auf der Strasse ist.

Wir erkundigen das Dörfchen und den Strand und verspüren schon bald ein Hüngerchen. Zum Essen noch etwas zu früh. Darin sind die Portugiesen stur – vor 13.00 Uhr gibts nichts. Also fahren wir nach Ponta Delgada. Auf der Karte entlang einer Küsten-Panoramastrasse, die bereits nach 3 Kilometern vor einem dunklen Loch und einem Fahrverbot endet – Steinschlaggefahr. Also die Schnellstrasse – wie könnte es anders sein, durch ein Tunnel. Ponta Delgada (zu Deutsch „Schmale Spitze“) klebt an einem schmalen, schattigen Küstensteifen und hat ausser einer Kirche (Bem Jesu) und einem Altersheim nichts zu bieten. Selbst der obligate Amanhecer (der örtliche VOLG) und eine Snackbar fehlen. Also zurück durch den Tunnel und siehe da, hier steht eine schöne Strandbar direkt am Meer, welches hier ununterbrochen an den schwarzen Lavasteinen nagt. Wir sind natürlich die einzigen Touristen. Wer also Ruhe sucht und Massentourismus mässig lustig findet, ist hier genau richtig. Das Wetter hat übrigens umgeschlagen. Ein feuchtwarmer Südwind treibt einem Schweiss in die Achseln und der Himmel ist im Norden bedeckt. Kaum durch den Tunnel, empfängt uns im Süden die Sonne wieder. Zu Hause empfängt uns Alberto – unser Vermieter – und macht sich Sorgen, ob es uns wohl immer noch gefällt, weil es etwas windig ist. Anmerkung: Nach 10 Minuten auf der Terrasse bin ich ins Haus verschwunden. Nicht wegen dem Wind, wegen der Hitze. Es sind gefühlte 35 Grad.

24. Januar 2024 – Die Insel schrumpft

Heute haben wir uns an die erste Levada gewagt. Levadas sind Wasserläufe, welche die Inselbewohner seit Jahrhunderten in die Bergflanken hauen, um das Wasser von den regnerischen Bergen in den trockenen Süden zu leiten. Vergleichbar mit unsern Suonen im Wallis.

Levada Paolo Serra II

Statt aber stundenlang in den kurvenreichen Bergen Levadas zu suchen, standen wir bereits nach 30 Minuten (inklusive „Umweg“) am Start zu einer dieser bekannten Wanderung in der westlichen Hochebene. Obwohl wir auf der Strasse kaum einem Auto begegent sind, standen da schon mehrere Dutzend Fahrzeuge. Menschen aber waren kaum zu sehen. Die waren offensichtlich schon auf Schusters Rappen unterwegs. Etwas unsicher – wir kennen die hiesigen Verhältnisse und Wanderwege ja nicht – studierten wir die Wegweiser und Infotafeln und fanden dann auch gleich den EInstieg. Hilfreich für die Entscheidung, welche Route man nimmt, sind nicht nur die Zeitangaben, und Schwierigkeitsgrad sondern auch das Höhenprofil. Wir hatten am ersten Tag wenig Lust auf 1000 Meter Auf- und Abstieg und so entschieden wir uns für flach.

Welch positive Überraschung. Die Wege sind nicht nur in einem erstklassigen Zustand, sie sind auch vorbildlich gesichert. Und so marschierten wir erst durch eine wohl kürzlich abgebrannte Heide, wo einzelne Kühe zwischen den schwarzen Skeletten des Ginsters nach zartem Grün suchten. Rechts immer den weiten Blick über den Atlantik der hier rund 1300 Meter unter uns lag. Zum Laufen die ideale Temperatur mit einem leichten Wind. Und weil wir Glückskinder sind und Karten lesen können fanden wir nach gut einer Stunde sogar ein „Jungel Café“ um uns zu stärken. EIn rundum gelungener Einstieg in unser Wanderprojekt „Madeiras Levadas“. Davon gibt es, wie wir nun festellen konnten Dutzende, wenn nicht gar Hunderte.

Da die Strassenführung im zerklüfteten Gebirge zum Teil echt verwirrend ist und man nie weiss, wo man landet ist die Routenwahl nicht immer einfach. Sicher ist nur, es geht hinauf oder hinunter und unten ist rundum das Meer. So gesehen kann man sich eigentlich kaum verirren. So wählten wir für den Heimweg instinktiv eine DIretissima die hoffen liess unser Häuschen wieder zu finden. Wie alle Nebenstrassen auf Madeira ist steil kein Begriff. Wir konnten nur hoffen, dass die Bremsen nicht versagen. Wie ihr hier lesen könnt, haben sie. Die Strasse führte uns quasi direkt an unser Haus. Die Insel wird jeden Tag kleiner.

23. Januar 2024 – Funchal, die Haupstadt

Jede Insel hat auch eine Haupstadt. Auf Madeira ist das Funchal. Dort wohnt etwa die Hälte der Inselbewohner (130’000 von 260.000). Die Insel selbst ist 741 km2 grosse (etwas mehr als das doppelte des Kantons Schaffhausen). Wirklich bewohnbar ist jedoch nur ein schmaler Küstenstreifen, der Rest sind schroffe, steile Hänge und Berge bis 1862 müM. Und bevor ihr fragt: Ja dort fällt im Winter sogar Schnee. Aktuell ist aber alle grün. Die Fahrt über die Estrada Emmental dauert eine gute halbe Stunde. Selbstverständlich ankern im Hafen zwei Tui-Kreuzfahrtschiffe und die Passagiere tummeln sich auf der Küstenstrasse. Sonst aber ist die Stadt um diese Jahreszeit friedlich und wirkt verschlafen. Der Verkehr hält sich in Grenzen und Staus habe ich keine erlebt. Wir erkundigen uns wo die Fàhre nach Porto Santo (eine Nachbarsinsel) ablegt und wo sich die Talstation hinauf auf Monte, mit dem berühmten Botanischen Garten befindet. Schlafwanderisch sicher haben wir beide angesteuert. Noch 12 Paar Socken gekauft – meine fühlen sich zu Hause in der Kommode an wohlsten – und schon sind wir wieder auf dem Rückweg. Natürlich auf der Estrada Emmental. Die kennen wir bald wie unsere Westentasche. Morgen ist eine Levada-Wanderung geplant . Was das ist: Demnächst in diesem Theater.

22. Januar 2024 – Loorbeerwald und Nebel

Arco Calheta, wo wir wohnen, liegt an der sonnigen Südküste Madeiras und bisher wurde diese ihrem Ruf vollkommen gerecht. Von morgens für bis abends spät, Sonne satt. Auch wenn uns die (fehlende) Sonne hierher getrieben hat, so gibt es ja nicht nur dieses verschlafene Kaff auf diesem erloschenen Vulkan im Atlantik. Also Auto unter die Räder und Insel erkunden. Erst müssen wir ja mal einen Eindruck von den Strassen, Distanzen, Reisezeiten und den Highlights bekommen. Es geht in den äussersten Westen, dort wo man mit einem Fuss schon fast in Amerika ist (zumindest gefühlt). Ponta do Prago ist das erste Ziel – via Landstrasse, denn die Via Rapida endet hier in Calheta. Weiter westlich ist Lands End – Niemandsland quasi. Und so ist es auch. Die Strasse zieht sich kurvenreich hoch über dem Atlanik Richtung Westen. Die Häuser werden ärmlicher und die Strasse leidet unter Magersucht. Dafür kaum mehr Tunnels – das Merkmal der Ringautobahn um die Insel. Diese ist zwar bequem und schnell aber sie führt praktisch nur durch dunkle Tunnels. Wir nennen sie deshalb Estrada Emmental. Die westlichste Ecke ist wirklich nur ums Eck und taucht schon nach 20 Minuten vor uns auf. Hübsch aber kein wirkliches Highlight. Einzig der endlose Atlantik vermittelt ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit. Also weiter Richtung Norden, nach Porto Moniz. Da soll es was zu sehen geben, sagt der Reiseführer. Aber erst muss jetzt der westliche Ausläufer der Gebiergskette überwunden werden. Überwunden ist auch das zutreffende Stichwort. Mein Fiat 500 mit Zuckerwassermotörchen schafft im 2.Gang kaum 30 km/h und brüllt vor sich hin, als würde man ihm die Sporen geben. Zum Glück sind wir allein auf weiter Flur, Ob wir wohl gefunden würden, wenn der Fiat streikt? Also lenken wir uns mit der herrlichen Landschaft ab. Auf ca. 900 müM ändert sich die Flora schlagartig und es ist auch deutlich kühler. Dichte Wälder säumen den „Saumpfad“. Wenn man nicht wüsste wo man sich befindet, würde man denken man wäre irgendwo im dichten Regenwald am Killimancharo. Zum Glück für unser Motörchen geht es bald wieder so steil bergab und wir erhaschen den ersten Blick auf die Nordküste, wo es angeblich des öftern regnet. Wir haben Glück – die Wolken bleiben weit draussen über dem Wasser. Ein Phämomen, welches wir auch im Süden beobachten. Rund um die Inseln legt sich ein Wolkenband, dass sich aber kaum nähert. Vermutlich werden sie durch die warmen Autriebswinde an den steilen Flanken vertrieben.

Nun aber Port Moniz. Kurz gesagt – ein Juwel. Eine wilde Küste mit spitzen Lavabrocken, an denen sich die gewaltigen Wellen des Ozeans brechen. Zahllose natürlich Becken in denen das Wasser liegen bleibt, die zum baden einladen. Und das wird auch rege genutzt – ja, ja ich werden dann wohl auch mal müssen….brrrr. Wir können uns kaum satt sehen und platzieren uns direkt vis a vis der Naturbecken auf einer Terrasse und geniessen frischen Fisch. (ob er wirklich von lokalen Ficshern stammt, entzieht sich unserer Erkenntnis – aber er schmeckt). Auf jeden Fall werden wir diesen Flecken noch öfters besuchen. Es sind ja kaum 40 km (inklusive 10000 Kurven).

Wie das Studium der Landkarte ergab, gibt es noch eine andere Panaromastrasse zurück in den Süden – näher zur Inselmitte. Diese ist schnell gefunden und schon röcheln die 3 Zylinder unter der Motorhaube wieder um die Wette. Diesmal geht es hinauf auf fast 1200 müM. Schnell ändert sich wieder die Landschaft. Erst Laubwälder, dann Gestrüpp (ein Gemisch aus Koniferen und Loorbeer), die einer grasigen Hochebene Platz machen. Ohne es zu ahnen haben wir den berühmeten Feenwald erreicht. Dieser besteht aus uralten, riesigen Loorbeerbäumen die sich mal einzeln, mal in Gruppen auf einer riesigen Wiese verteilen. Vereinzelt grasen ein paar Kälber und Rinder, die sich von den Besuchern, die sich hier versammeln aber nicht stören lassen. Selbstverständlich müssen auch wir aussteigen und trotten gemächlich durch das satte Grün. Bald ist die Kante der Hochebene erreicht. Sicherhetshalber halten wir Abstand vor dem Abgrund der sich vor uns öffnet. Es geht einfach mal 1000 Meter mehr oder weniger senkrecht ins Meer. EInfach atemberaubend. Auch hier werden wir uns wohl öfters hinbewegen. Wie uns die Wanderkarte verrät sind wir mitten in einem Wandergebiet.

Der Weg zurück führt uns weiter über die Hochebene, die sich nun plötzlich in Nebel hüllt. Staulage. Einige Windräder verstecken sich schamhaft hinter den Wolken. Die Vegetation ist spärlich und dann geht es auf einem Mal wieder steil bergab. Fertig Nebel, fertig WIndräder und bald säumt dichter Wald das Strässchen. In der Ferne erkennen wir bald „unser“ Dorf. Duschen,Beine hoch und Blick ins Tal. Was für ein schöner Tag.

21. Januar 2024 – Schnuppern

Am ersten Tag macht man in aller Regel noch keine grossen Sprünge. So ging es erste mal auf die Suche nach einem Supermercato und einer anständigen Bar oder Beiz in der Nähe – und natürlich wollten wir runter ans Meer, welches wir auf unserer Terrasse quasi vor der Nase haben. Das Haus liegt 380 Meter über dem Meer auf der Südseite der Insel. Der Blick weit hinaus auf den Atlantik. Unter uns kleben hunderte Häuschen an den steilen Hängen. Bei manchen fragt man sich, wie die überhaupt halten. Im Prinzip ist es eine grüne Arena mit vielen roten Dächern. Nachts funkeln hunderte Strassenlaternen um die Wette. Eine Traumkulisse. Unser Vermieter – Alberto – bring uns immer wieder Früchte – Mandarinen, Bananen, Avocados, Zitronen, Eier – frisch aus den Gärten seiner Familie. Andere Touristen gibt es hier weit und breit keine. Im Supermercato, mit angeschlossener Bar – etwa 400 Meter von hier – trifft sich das ganze Dorf.

Die Hauptverkehrsadern sind auf Madeira perfekt ausgebaut. Im Prinzip gibt es eine Ringautobahn einmal um die Insel, die durch zahllose Tunnels führt. Man fährt also die Hälfte der Zeit im Dunkeln. Anders die Regionalstrassen und nochmals ganz anders die Nebenstrassen – diese winden sich in endlosen Kurven entlang der fast senkrecht ins Meer abfallenden Hänge und Felsen, rauf und runter. Nebenstrassen (wie z.b. die Zufahrt zu unserem Ferienhaus) sind so eng, dass kaum ein Blatt zwischen Auto und Seitengraben passt -und es könnte jederzeit jemand entgegenkommen…. Weit mehr Nerven kostet nur noch die Linienführung. Viele sind so steil, dass man Steigeisen montieren möchte. Sie gehen einfach senkrecht, himmelwärts. Nichts für schwache Nerven. Dafür lernt am wieder autofahren und beten. (dass niemand entgegen kommt).

Am Nachmittag ging es dann runter an den Hafen. In einer Strandbar – es gibt hier tatsächlich einen kleinen Sandstrand ( einer von zwei auf der ganzen Insel) bestaunten wir die Mutigen, die sich im Januar in die Fluten stürzten. Zu unserem grossen Erstaunen hat das Meer tatsächlich Badetemperatur (ca. 20 Grad). Für die Einheimischen offensichtlich warm genug. Am Nachmittag tummelten sich dutzende Familien am Strand mit ihren Kinden und genossen die warme Sonne und das Wasser in der geschützen Bucht. Immerhin haben wir uns zu einer Kneipkur überwinden können. Das nächste mal dann bis zum Bauch – vielleicht.

20. Januar 2024 – Kaltstart

Reiseziele sind selten zufällig. Entweder man lässt sich durch Werbung verführen, hat einen unerfüllten Jugendtraum, hört auf Empfehlungen von Freunden oder man flüchtet sich (ob bewusst oder unbewusst) in eine heile Welt. Das ist für uns die nächsten fünf Wochen die Insel Madeira. Die online gebuchte Ferienwohnung in Arco Calheta, hoch über dem Atlantik hält offensichtlich was der Prospekt verspricht und der ewig versprochene Frühling hat mich sogar ins Haus getrieben, weil es auf der Terrasse schlicht zu heiss ist – und das im Januar. Aber erst mal zur Reise:

Nichts verdirbt einem mehr die gute Laune als Hektik. Und da unser Flug schon um 7:45 los ging, sind wir gestern Nachmittag mit Bus und Bahn gemütlich nach Kloten gereist, haben das Gepäck schon mal aufgegeben und in einem Hotel übernachtet. Planung ist die halbe Miete. Selbst dass uns der Wecker schon um fünf Uhr aus dem warmen Bett an die Arschkälte nach draussen rief, konnte unsere Stimmung nicht trüben.

Reisen tut man bekanntlich selten allein. Nein, nein, ich motze nicht über überfüllte Flughäfen, lange Schlangen vor der Security oder Platzmangel im Flugzeug. Im Gegenteil: Komfortabler reisen tut man vermutlich nur im Privatjet. Null Wartezeiten und Platz a gogo – der Flieger war halb leer – wer fliegt schon im Januar nach Madeira. Und trotzdem gibt es über Seltsames zu berichten.

Da war der bärtige Hipster im Zugsabteil, der uns von Schaffhausen nach Winterthur rätseln liess, ob wir eventuell den falschen Zug erwischt haben oder – noch schlimmer – wir nun engültig alt geworden sind. Wie in S-Bahnen so üblich, muss der geneigte Passagier heutzutage seiner Mitwelt mitteilen, wie unglaublich gebildet und megacool er ist.Das tut man am besten indem man laut telefoniert. Genau wie unser Hipster. Da ging es um LB, GYM, TSCHI, POWER, in einem abgehakten Stakkato ohne Punkt, Komma oder einem Satzende. Das Staunen der Mitreisenden war ehrlich und gross und die Freude, dass er den Zug in Wintetthur verliess, noch grösser. Ach ja – LB heisst angeblich: Lieblings Buddy.

Und dann wäre da noch die Digitalisierung, auf die ich mir ja einiges einbilde. Bis zum Flughafen dachte ich noch, ich wäre der grösste Crack nördlich des Rheins und dann kam das einchecken. Digital im Self-Service natürlich. Immerhin habe ich es ja geschafft die beien Bordkarten auf unsere Handys zu beamen. Vor dem Terminal für das Gepack war dann aber Schluss. Das Scheissding wollte unseren QR-COde einfach nicht fressen. Unmut, Ärger, leises fluchen, bis uns dann eine Assistentin (diese braucht es offensichtlich) unser Handy richtig (von unten, nach oben irgendwie) platzierte. Und siehe da – Sesam öffne dich, die Gepäcksetikette wurde ausgespuckt. Dies sollte allerdings nicht das einzige Wunder der Digitalisierun sein. Beim boarden wurde ich brutal ausgebremst – in ROT und grossen Buchstaben, inklusive Piip – wurde mir mitgeteilet, dass ich bereits an Board sei obwohl ich ja erst einsteigen wollte. Tja – kommt davon, wenn wir beide die gleiche Boardkarte auf dem Handy haben. Man sollte halt auch noch lesen, bevor man die Karte scannt. Und zu guter Letzt – bekanntlich sind alle guten Dinge ja drei – öffnete sich die Schranke vom Autoparkplatz am Flughafen Funchal ums verecken nicht. Stau vor der Barriere, rückwärts manövrieren und Hilfe suchen – vor Peinlichkeit im Boden versinken. Ich habe die Karte vor den blinkenden Bildschirm (please press card here (!) gehalten, statt an den verschimmelten und halb abgekratzen blauben Kleber daneben. Auch hier dann: Sesam öffne dich! Vielleicht ein kleiner Tipp an die Hersteller solcher Terminals: 1) Klar beschriften 2) eine Standardisierung würde helfen. Solche Nullpen wir mich, gibt es noch viele. Aber vielleicht ist es auch gut – so können viele viele Assistent:innen beschäftigt werden.

Aber nun sind wir aus dem Eisschrank hier mitten im Frühling gelandet. Bereits sind die Einkäufe im Supermercato getätigt und der erste Poncha getrunken (ein Teufelszeug: Rum, Honig, Limetten und Orangen frisch gepresst – ich werde mich rasch daran gewöhnen). Morgen ist der erste Strandgang geplant. Wir werden berichten.

Das alte Arabien

Ein Kurztip in Geschichte und Kultur des alten Ägyptens, Jordanien und Saudi Arabien 22.03 – 02.04.2023

22.03.2023 Anreise

Es geht los. Wir fahren mit dem Zug von Singen nach Frankfurt. Bankfurt, wie es auch heisst – ein gerade sehr aktuelles Thema – zumindest in der Schweiz. Wir übernachten im Holiday Inn am Frankfurter Flughafen. Ob uns der Handkäs schmeken wird? (Für nicht Eingeweihte: Eine fragwürdige hessische Spezialität, auf Basis einer entfernt an Käse erinnernde, mit Öl und Kümmel getunkte Masse)

Wir wagen das Abenteuer Deutsche Bahn – gerüchteweise fehlen der ja ab und an Geleise oder die Temperaturen steigen über 10 Grad Celsius und verbiegen die Weichen. Drückt uns also die Daumen, dass wir Frankfurt heute noch erreichen. Der Flug geht zum Glück erst morgen mittag. Wir bleiben dran und informieren.

Wie erwartet, verspätet sich unsere Ankunft in Stuttgart um ca. 10 Minuten und wir müssen die Beine in die Hand nehmen für den Anschluss nach Frankfurt. Immerhin tut die DB alles was sie kann – sich verspäten. Wer damit rechnet, lebt relaxter. Wir sind guten Mutes Frankfurt noch heute zu erreichen.

Wir sitzen im Zug nach Flughafen Frankfurt. Der Eilmarsch hat sich gelohnt. Abfahrt pünktlich auf die Minute. Ich entschuldige mich für mein wohlstandsverwöhntes Gemotze bei der DB in aller Form. Randbemerkung: Singen – Stuttgart war ein SBB-Zug.

Mea culpa, maxima culpa. 4 Minuten vor der fahrplanmässigen Ankunftszeit am Flughafen. Die DB kann’s doch.
Nach einem kurzen Orientierungslauf, sowohl WC, wie Abflugterminals gefunden (damit wir morgen keinen Stress haben). Wir entscheiden uns das Hotel per pedes zu erstürmen – etwas Bewegung soll gut sein. Nach einer kleinen Sünde in Form eines wirklich süssen Kirschkuchen, nehmen wir den 20 minütigen Fussmarsch in Angriff. Er ist erwartungsgemäss wenig fussgängerfreundlich. Es geht entlang von Zubringern, durch Unterführungen und über Parkplätze. Google sei Dank – wir haben glücklich eingecheckt und freuen uns aufs Nachtessen.

Dieses liegt nun hinter uns. Buffet im Hotel. Marke Abrupf und Servicewüste. Flughafen eben. Sauteuer und unfreundlich. Aber wir sind satt. Morgen unser erster Flug nach 5 Jahren. Wir besteigen den Flieger nach Kairo mit schlechtem Gewissen, freuen uns aber trotzdem. Morgen mehr dazu.

23.03.2023 Flug nach Kairo

Der Kranich fliegt

Nun sitzen wir im Flughafen und warten. Warum Flughäfen nicht Wartesääle heissen habe ich nie begriffen. Warten aufs einchecken, Schlange vor der Security, warten aufs Boarding, warten auf den Start… Ich gebe zu: Fliegen und die Staus auf den Autobahnen habe ich nach meiner Pensionierung am allerwenigsten vermisst. Nun aber zur eigentlichen Frage. Warum fliegen wir dann nach Kairo und besteigen ein Kreuzfahrtschiff? Können wir uns das angesichts der drohenden Klimakrise überhaupt noch leisten? Was ist mit unserem ökologischen Gewissen? 

Bevor uns diese Frage von einem Klimaleugner oder Verharmloser:in gestellt wird, beantworte ich die berechtigte Frage lieber gleich hier.

Wir reisen weil wir es gerne tun und es uns leisten (können). So simpel und einfach. Das Politik und Wirtschaft in den letzten 50 Jahren (seit man in informierten Kreisen von den verheerenden Folgen des CO2-Ausstosses wusste) nicht Willens und bereit war, Alternativen zur Verbrennung fossiler Brennstoffe voranzutreiben, ist nicht unsere persönliche Schuld. Wir haben in unserem Leben viel Zeit und Geld für „grüne“ Anliegen investiert – privat und auf der Strasse, inklusive Tränengas und Polizei in Kampfmontur – ohne das sich etwas signifikant geändert hätte. Gäbe es schon e-Fuel für Flugzeuge und Wasserstoff für Kreuzfahrtschiffe gäbe es die Diskussionen über den persönlichen Fussabdruck und Schuldzuweisungen kaum. Ergo nutzen wir das Angebot, wenn es sonst keine Alternative gibt. 

Die einzige Alternative wäre eine Kontingentierung des Flugverkehrs und das Verbot von Kreuzfahrtschiffen. Wo kein Angebot besteht kommt auch niemand in Versuchung. Es ist wie die unsägliche Beschämung von Fettleibigen, weil sie zu viel Zucker und Fett essen, dass v. a. in billigen Lebensmitteln zu finden ist. Nich jede:r hat die Zeit neben dem Job beim Einkauf noch jedesmal die Inhaltsliste zu studieren, oder es fehlt schlicht das Geld. Verbote regeln deshalb 1000 mal mehr als billige Appelle und Schuldzuweisungen. 

Nun aber zurück zur Reise. Der Kranich ist abgehoben und fliegt uns nach Kairo. The Kranich is landet. Nofretete erwartet uns.

Das kleine Schmankerl für heute, zum Schluss. Aus der Reihe „Fehrs auf Reisen“.
Vor dem Zoll erwartet uns ein Guide des Reiseunternehmens. Samir sein Name. Wir sollte auf ihn am Ende der Gepäcksausgabe warten. Nur da war kein Samir. Dafür einer der ihm (zumindest von hinten) glich. Der lief wie der Teufel aus der Halle, gefolgt von einem Pulk Touristen. Fehrs hinterher. Rein in den Bus und ab. Alles flott und reibungslos, bis sich Samir.als Muhammad entpuppte, der eine Gruppe für Overseas abholen sollt. STOPP HALT SICHERN. Anhalten und zurück zum Flughafen. Dort wartet ein verlorenes Häufchen immer noch auf Samir und der auf zwei fehlende Touristen. Das Nachtessen im Hotel hat übrigens ausgezeichnet geschmeckt. Morgen geht es erst mal ins Ägyptische Museum.

24.03.2023 Pyramiden und mehr

Kairo. Die ersten Eindrücke. Nachts quer durch die Stadt. Hunderte übergrosse Werbescreens am Strassenrand. Dagegen verblasst sogar Las Vegas. Das Hotel – Safir Dokki – liegt in der Altstadt, mitten in einem Gewirr aus Hochhäusern. Auf den Strassen wird gefeiert, getafelt, geschlemmt und getrunken. Es ist der erste Tag des Ramadan (Fastenzeit). Tagsüber hungern, nach Sonnenuntergang schlemmen.

Unser Hotel – Safir Dokki – ein in die Jahre gekommenes 5-Sterne Hotel, liegt in der Altstadt. 2 Der fünf Sterne sind vermutlich durch grosszügige Geschenke vom Himmel gefallen. Trotzdem, das Essen ist hervorragend und alle geben sich grosse Mühe. Für den Zahn der Zeit und die klammen Kassen, kann niemand etwas. Ausserdem, sind wir verwöhnt. Wer einen Blick zum Fenster hinauswirft, sollte eigentlich demütig und dankbar sein. Wir sind’s.

Noch zwei Worte zum Wetter. Wir erwarten mitteleuropäische Hochsommertemperaturen und so ist es auch. Heiss, klebrig, Smog und ein grauer Schleier der die Sonne meistens verbirgt. Aber oh Wunder, am Abend ein Gewitter. Zumindest Donner und Blitze. Regen fällt bestenfalls homöopathisch. Das Thermometer bleibt stabil auf sommerlichem Niveau.

Hier noch ein Bild von unserem Hotelbalkon. Offenbar scheint Fersehen in Ägypten ein beliebtes Hobby.

Der erste TouristenHotspot: Ägyptisches Museum (das alte – das neue lässt noch auf sich warten). Direkt am Tahrir Platz, wo der Arabische Frühling starb, gelegen. Horden von Menschen, Schlange stehen, ein fürchterliches Gewusel, aber ein Guide der uns die ägyptische Geschichte mit Herzblut vermittelte. Fotos a gogo. Todmüde.

Am Nachmittag über praktisch leere Strassen – es ist Freitag (Sonntag) und Ramadan – zu den berühmten Pyramiden. Links und rechts hässliche Backsteinbauten. Zum Teil halbfertig oder zerstört. Die meisten angeblich illegal erstellt. Alles in sandig-grau. Angeblich wohnen in Kairo 50000 Menschen auf 1 km2. Total (je nach Quelle) zwischen 20 und 30 Millionen- stark wachsend. Kurz gesagt: Ein Moloch.

Und die Pyramiden sind einfach nur gigantisch. Ich lass die Bilder sprechen.

Nach einem anstrengenden Tag, zurück im Hotel. Erst mal die Eindrücke verarbeiten und setzen lassen. Nicht nur das geballte Wissen über das alte Ägypten und ihre Pharaonen, sondern auch die irritierenden Eindrücke der Stadt. Auf den Strassen ein Gehupe und wildes Überholen. Eselskarren, Kutschen, streunende Hunde, zerbeulte Minibusse, Autos aller Farben in Saharabeige. Die Strassenverkehrsordnung bestenfalls vom Hörensagen bekannt. Deprimierend die baufälligen, lieblos hochgezogenen Backsteinblocks mit oben herausragenden Armierungseisen. Zerknüllte Gasse mit Hunderten kleinen Läden. Schwarz gekleidete Frauen mit schweren Einkaufstüten auf dem Kopf. Junge Kerle wild gestikulierend. Jeder ein Handy am Ohr. Überhaupt das Handy – es ist offensichtlich die Allzweckwaffe im täglichen Überlebenskamof. Jeder hängt daran, ruft ins Display. Wie das wohl ohne Handy lief? Per Eilbote oder Brieftaube? Aber – es funktioniert. Reibungslos und sogar pünktlich. Für uns Ordnungsfanatiker ein ewiges Rätsel.

25.03.2023 noch mehr Pyramiden und Einschiffen

Bevor es heute nach Memphis (die erste Hauptstadt des Alten Ägypten) und Sokkara und anschliessend zum Einschiffen, ans Rote Meer geht, ein paar Worte zu Ägypten, soweit ich das als arroganter Westeuropäer beurteilen kann. (Quelle: Diverse Diskussionen am Tisch und unser ägyptischer Guide):

Das Land hat eine äusserst schwierige Dekade hinter sich. Erst der Arabische Frühling, die Muslimbrüder und dann die Machtübernahme durch das Militär. An Tourismus war kaum mehr zu denken (nebst dem Suezkanal eine der Haupteinnahmequellen). Und kaum hat sich die Situation beruhigt, Corona. Die Armut ist deshalb zum Greifen nah. Wir halten Augen und Ohren weiterhin offen. ….Ach ja, heute. früh regnet es tatsächlich. 

Touristenfallen haben einen Vorteil (aktuell eine Manufaktur für Salben – vermutlich die, Cousins vierten Grades, des Buschauffeurs), man hat Zeit im Bus zu schreiben. Ausserdem regnet es wieder – angeblich gleicht das dem Weltwunder, wie den Pyramiden. Auf jeden Fall umfahren alle riesige Pfützen und die Strassen sind rutschig vom durchnässten Sand.

Nun zu Memphis und Sokkara – zwei weitere Geschichtsstunden in Altägyptologie. Memphis, eher unspektakulär. Die alte Hauptstadt. Viele alte Steine. Die Bedeutung erschliesst sich nur über Erklärungen. Z. B. das Ramses der II, der auf einem Sockel steht ein Aufschneider war oder das die da liegende Sphinx vermutlich Hatschepsut darstellt. Oder das die Stele mit den Hieroglyphen die erste war, wo etwas schriftlich festgehalten wurde. 

Sokkara, unweit in der Wüste gelegen – diese trennt sich scharf, gezogen wie durch ein Lineal, vom fruchtbaren Niltal, das hier etwa 15 km breit ist. Darin zwängen sich rund 100 Millionen Ägypter. Es wird sichtbar eng. 

Sokkara war eigentlich der Friedhof von Memphis – selbstverständlich der High Society vorbehalten. Hier steht die erste und älteste Pyramide Ägyptens – ein Stufenpyramide, ca. 4800 Jahre alt. Eindrücklich was die Menschen damals, nur für ihren göttlichen Pharao, geleistet haben. Gar nicht zu reden von den grossen, wie Cheops und Chephren, die wir gestern gesehen haben. Und nein lieber Erich von Däniken, die Steine schleppten nicht die Götter, sondern einfache Bauern. 

Nun geht es Richtung Ost ans Rote Meer. Einschiffen

Nun zum unerfreulichen Teil der bisherigen Reise. Nach dem Besuch der Salbenfabrik des Cousins 4. Grades (wir streikten) ging es raus aus der Stadt – auf einer Autobahn, erst 24, später 12 spurig, komplett leer. Quasi $VP Röstis feuchter A1 Traum, nach der Abschiebung aller Ausländer. Bald Wüste. Überall wird aber gebaut. Ganze Hügel werden abgegraben. Es entstehen offensichtlich neue Satelliten-Städte. Nach 1 1/2 Std. kam der Hafen in Sicht. Ebenfalls eine riesige Baustelle. Schön ist anders, aber was soll’s und dann: Sabena – such a bloody experience never again.

Wenn man Touristen von der Buchung einer Kreuzfahrt, ab einem ägyptischen Hafen unbedingt verhindern will, muss man es genau so machen, wie erlebt. Der ägyptische Amtsschimmel läuft Amok.

Kommt man (von ägyptischer Seite notabene) in einen ägyptischen Hafen, verlässt man nach dieser Logik das Land. Nach bürokratischer Regel heisst das in Ägypten: Pass und Einreisevisa (!) vorweisen, Deklaration ausfüllen. Blöd nur wenn das ausgedruckte Visa bei der Einreise am Flughafen vom Zoll eingezogen wird. Noch blöder – knappe 100 Meter weiter die gleiche Prozedur in umgekehrt, für das Einchecken im Schiff. Selbstverständlich fehlt das Visa (dass den Zöllner nicht zu interessieren schien – da vermutlich elektronisch hinterlegt) immer noch. Beinahe hätten sie uns stehen lassen – denn Vorschrift ist schliesslich Vorschrift – bis mir einfiel, dass ich das Ding ja elektronisch auf dem Handy habe. Das stimmte die Dame gnädig. Wir mussten es „nur“ an der Rezeption nochmal (analog ist halt super-geil) ausdrucken lassen. Dass dann auch Nullkommagarkeine Informationen für den Zugang zum Schiffs-WLAN zu finden waren und ich zuerst das halbe Schiff absuchen musste, um jemanden zu finden, der helfen konnte, komplettiert das Sabena-Feeling. Grrrr…

Immerhin. Die Küste liegt schon in weiter Ferne, wir sind satt und geniessen das Dahingleiten auf unserm kleinen Balkon. Morgen steht Luxor auf dem Programm

Der Beweis: Regen in Kairo
MSC Splendida

26.03.2023 Luxor, Nil, Tal der Könige

Bevor wir nach Luxor und ins Tal der Könige aufbrechen, noch ein paar Anmerkungen zu unserer Ankunft und die ersten Stunden auf dem Schiff. Zugegebenermassen aus der Perspektive eines verwöhnten, verärgerten Westeuropäers. Im Vergleich zudem, was Migranten im Mittelmeer erleben (und oft nicht überleben) sind die Unzulänglichkeiten an Bord ziemlich lächerlich. Trotzdem sind sie für zahlende Gäste relevant.

Kurz gesagt, es regiert General Schlendrian und die Motivation der Mitarbeiter:innen tendiert Richtung Null. In Anbetracht ihres Bullshit-Jobs und der bekanntermassen lausigen Bezahlung, zwar verständlich – für die Gäste aber nervig und stressig. Nun ja, man arrangiert sich.

Die Fahrt nach Luxor und ins Tal der Könige (dort wo sie einst alle verbuddelt wurden), entpuppte sich als 4-stündige Schnitzeljagd. Alle paar Kilometer (wieder auf einer leeren Autobahn) ein Checkpoint mit ein paar Uniformierten, unterschiedlichster Farben und Hüte. Jedesmal streckte der Chauffeur dem Bestbehüteten einen Zettel hin, der vom Schreibkundigen mit Tischchen, sorgfältig geprüft und den Vorgang in ein zerfleddertes Notizbuch eingetragen wurde. Gefühlt einhundert Mal. 30 waren es sicher. Sicherheitspersonal scheint ohnehin im Übermass beschäftigt zu sein. Vermutlich ein staatliches Beschäftigungsprogramm, um die arbeits- und perspektivlosen Jugendlichen von der Strasse zu bringen. Arme Kerle die draussen im Niemandsland die Zeit totschlagen müssen. Und dann kam endlich das Niltal und nochmals eine Stunde später dieser Friedhof der Pharaonen. Kurz gesagt: Wir waren da, der Guide hat genervt und die Sonne war milde gesonnen. Dann noch ein mondänes Mittagessen am Nil – wirklich malerisch – den obligaten Halt in Alis Bazar und ein paar Fotostops. Schlussfolgerung: Nie mehr so miserable Ausflüge mit MSC – ich gelobe es.

Wesentlich interessanter als die alten Gemäuer und Gruften fand ich den Blick aus dem Busfenster. Das üppig grüne Niltal – quasi ein mehrere hundert Kilometer lange Oase – ist eine echte Augenweide. Nicht nur erinnern die Bilder an biblische Szenen – Esel und Wasserbüffel tragen immer noch die Hauptlast der schweren Arbeit – es ist vor allem die schiere Armut, die ins Auge sticht. Der satte Europäer mag darüber die Nase rümpfen, sich entsetzen oder pittoreske Fotos schiessen. Ich habe darauf verzichtet und schäme mich heimlich auf der Schokoladenseite des Planeten geboren zu sein. Aber dafür kann ich so wenig, wie die Fellachen, die in dieses Tal geboren wurden. Die Welt ist ungerecht

27.03.2023 Petra, Jordanien

Bevor es heute ins Haschemitenreich Jordanien geht, noch ein paar Beobachtungen, Mysterien und Faszinosen der bisherigen Reise, geschrieben aus der sicheren Distanz eines wohl behüteten Touristen. Busfenster ist wie Fernsehen, ohne Kommentar und man kann sich über das Gesehene seine eigenen Gedanken machen.

Und damit wären wir beim Verkehr in Ägypten. Falls man die Fortbewegung auf allerlei Gerät, mit und ohne Motor, auf 2, 3 oder 4 Rädern inklusive den tierischen Mitleidgenossen, als solchen bezeichnen kann. Beginnen wir mit der einfachen links/rechts Regel. Nach viertägigem intensiven Studium bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob in Ägypten rechts gefahren wird – ich vermute es mal. Dann scheint es ein heimliches Programm zur Bekämpfung der Bevölkerungsexplosion zu geben. Anders lässt sich die Fahrweise des überwiegenden Teils der Verkehrsteilnehmer nicht erklären. Hupen, drängeln, auf die Tube drücken, überholen in den unmöglichsten Situationen (Augen zu und hoffen) – auch Innerorts. Für einen gezähmten Mitteleuropäer der lebendig gewordene Albtraum. An der Spitze der Nahrungskette: Der Reisebus – wenn der kommt, gibt es für die andern nur noch eine Rettung in den Strassengraben. In absteigender Reihenfolge folgen: LKW, Sammeltaxi, Pick-up, Privatauto, Tuck-Tuck, Zweiräder und ganz unten die Eselskarren. Die ärmsten Viecher, dieser Welt. Sie werden geschunden, geschlagen und ziehen und tragen von der halben Grossfamilie, bis zum Müllwagen alles. Aber, sie sind auch die einzigen, die den den arroganten Touristenbussen Paroli bieten. Sie bleiben auch mal mitten auf der Strasse stehen – Stinkefinger. Bravo.

Ins Grübeln gekommen bin ich über den gigantischen Aufwand, den die alten Ägypter für ihre toten Götter (sprich Pharaonen) getrieben haben. Alle Ressourcen und die ganze Kraft eines Volkes für ein Grab (das sind die Pyramiden) – unvorstellbar. Was braucht es an Überzeugung, Glauben und Motivation (Gewalt allein kann es nicht gewesen sein) um solche Werke zu schaffen? Faszinierend.

Und dann noch ein paar Worte zur Kreuzfahrt.

Man sollte einen solches Schnäppchenangebot nie mit einer Weltreise vergleichen, sonst ist man bitter enttäuscht. Kein Vergleich. Weder der Service, das Essen noch die Motivation der Crew. Wir hätten es wissen können. Dafür sind die Passagiere deutlich diverser. Vom kasachische Opa, über die verschleierten Saudis, zu grobschlächtigen Russen, bis zu Amis, Chinesen und Europäer (für einmal die Minderheit), ist die ganze Welt vertreten. Eine spannende Mischung, die wohl nerven kann, uns aber gefällt. Dazu das Meer, das Dahingleiten, die lauen Abende auf dem Balkon, neue interessante Bekanntschaften und das geballte Wissen, das wir aufsaugen, wie Schwämme. Im Alter lernt man Gelassenheit. Man pickt sich heraus, was gefällt, den Rest entsorgen wir (u a in diesem Blog).

Und nun zu Jordanien, Aqaba und die geheimnisvolle Felsenstadt der Nabatäer – Petra – die wir heute besuchen.

Was in Aqaba als erstes ins Auge sticht: Gelassenheit, Sauberkeit und keine Polizisten mehr. Die Einreise locker (ohne Visastress). Per Bus 125 km Richtung Norden nach Petra. Es geht hoch auf 1600 Meter über und durch kahle Berge, durch Beduinen-Land. Vorbei am malerischen Wadi Rum (wo Lawrence of Arabia gedreht wurde) auf eine Hochebene zum Eingang in die enge Schlucht. Dort geht es 3 km zu Fuss zum Felsentempeln. Auch wenn es viele Touristen hat, ist es mystisch und geheimnisvoll. Hinter jeder Kurve könnte das Weltwunder auftauchen – tut es aber erst ganz zuhinterst. Überwältigend. Allein die Farben, das Licht und die Schatten. Wie aus dem Reiseprospekt. Die Jahreszeit perfekt. Angenehme Frühlingstemperaturen um die 20 Grad. Eine Reise die sich mehr als lohnt. Über die geheimnisvollen Nabatäer und warum diese ihre Stadt so versteckt haben, hat uns der Guide leider nichts erzählt. Wer sich dafür interessiert, findet es hier:

https://universes.art/de/art-destinations/jordanien/petra/geschichte

Im übrigen sprechen die Bilder

PS: Die besten Fotos sind von Moni. Sie und Edgar haben wir hier kennen gelernt. Sie besitzen ein kleines Reisebüro, entsprechend versorgen sie uns mit wertvollen Tipps.

28.03.2023 Rotes Meer und mehr

Sonnenaufgang über dem Roten Meer

Endlich ein ruhiger Tag ohne Plan und Rennerei. Wir sind einen ganzen Tag auf dem Schiff, entlang der saudischen Küste, nach Jedda, wo wir morgen anlanden. Wetter sommerlich, sonnig (was für eine Überraschung in der Wüstenzone) und das Meer tiefblau, fast schwarz und ruhig. Wir sitzen auf unserem kleinen Balkon und geniessen das Gleiten über das Wasser – wie haben wir das vermisst. (Wer mal 6 Wochen non-stop von Australien nach Europa schipperte, wird süchtig).

Und dann geht man auf eine Schiffstour und bleibt trotz guter Vorsätze in einem der vielen Shops hängen. Und aus einem Wohlfühlmoment wird im Handumdrehen eine Horrorshow. Dass die Schiffsmannschaft unter bedenklichen Arbeitsbedingungen und Verträgen zu leiden hat, wussten wir schon. Achtmonats-Verträge ohne einen einzigen Freitag. Schuften, schrubben, freundlich sein. Geht nur, wenn mal als Reederei vom quasi rechtsfreien Seerecht profitieren kann, wo es keine Arbeitnehmerrechte gibt. Schlicht skandalös. Was uns aber ein Crewmitglied heute erzählte, bringt uns echt aus der Fassung. So sollen, nach seinen Aussagen, regelmässig verzweifelte Mitarbeiter über Bord gehen. Auch schon in ganzen Gruppen. Dass ab und zu ein besoffener Passagier über die Reling geht (man erinnere sich an das Verschwinden des DSDS Stars Kübelböck, der 2018 auf einem solchen Schiff verschwand) war bekannt, nicht aber die Tragödien, die sich offenbar hinter den Glitzerfassaden der mondänen Kreuzer abspielen. Auch hier gilt: Wo es Licht gibt, gibt es auch Schatten. Aber ob es stimmt? Will er uns mit dieser Gruselgeschichte vielleicht nur beeindrucken oder sich wichtig machen? Wir wissen es nicht. Vielleicht müsste einmal ein Investigativ-Journalist der Sache nachgehen. Wie wir aus Erfahrung wissen, braucht es Druck und Öffentlichkeit, damit sich etwas ändert.

Fast vergessen hätte ich, ob all den Gräueln, noch etwas über Jordanien zu schreiben. Dieses besteht ja nicht nur aus Petra.

Der Unterschied zu Ägypten ist augenfällig. Obwohl beides Länder Arabiens, könnte der Unterschied kaum grösser sein. Das fängt mit der Bevölkerung an. Ägypten 110 Millionen Einwohner, Jordanien 11 – auf einer fast gleich grossen Fläche. Das eine überbevölkert, das andere dünn besiedelt. Entsprechend der Stresslevel. Ägypten hektisch bis aggressiv, Jordanien ruhig und entspannt. Laut und chaotisch, gegen sanft und gelassen. Dort an jeder Ecke Armee und Polizei, hier kaum sichtbar. Die Städte und Strassen im Land der Pharaonen vermüllt (Plastik, Plastik, Plastik), in Jordanien beinahe bünzlig sauber. Wo am Nil der Knüppel regiert, scheint man es in Jordanien mit Weisheit zu versuchen.

Selbstverständlich hat man als Wohlstandsbürger Mitteleuropas kein Recht Zensuren zu verteilen. Ein Land mit 110 Millionen auf engstem Raum (es quetschen sich alle ins enge fruchtbare Niltal) , mit sozialen Spannungen, Millionen in Armut, Islamisten im Nacken und einer Bevölkerungsexplosion (+ 1 Million pro Jahr), muss man erst mal regieren können. Kein beneidenswerter Job, auf jeden Fall.

Das Meer gleitet immer noch an uns vorbei. Auf Deck 14 ist Halligalli am Pool und wir geniessen die sanfte Brise und das leise Rauschen der Wellen.

Auf der Kabine liegen einmal mehr Anweisungen und Warnungen über die Prozeduren im nächsten Hafen – Jedda in Saudi Arabien. Nach dem Studium überlegt man es sich allerdings drei mal, ob man da überhaupt von Bord soll. Uns erwartet offenbar ein weiteres Bürokratie-Monster (man spricht von einer einstündigen Zollprozedur, exorbitant teurem Visa und gibt Verhaltens- und Kleidervorschriften wie im Kindergarten). Fehlt nur noch die vorgeschriebene Farbe der Unterhosen. Selbst der Ausschank von Alkohol auf dem Schiff ist verboten, solange es im saudischen Hoheitsgewässer dümpelt. Dabei dachte ich der smarte Prinz wolle den Tourismus ankurbeln. Ich muss mich verhört haben. Lassen wir es mal gelassen auf uns zukommen.

29.03.2023 Jedda – das Tor zu Mekka

Heute ist Jedda angesagt. Das Tor zu Mekka in Saudi Arabien. Hier werden jährlich Millionen Pilger, welche ihre Hadsch (Besuch der Kaaba) machen, durchgeschleust. Wir sind dem Zentrum des Islam also sehr nah – um genau zu sein, 70 km. Wir müssen aber draussen bleiben. Mekka ist für Nicht- Muslime tabu. Also schauen wir uns Jedda an.

Nun haben wir den heiligen Boden also betreten. Zoll überwunden. Erinnert stark ans amerikanische Prozedere. Lange Schlangen. Warten, noch länger warten, warten, Stempel. Drin. Zum Glück ist die Halle gut gekühlt. Draussen brennt die Sonne. Dann rein in den Bus – es geht auf die Panoramastrasse. Jetzt wissen wir endlich wo das Geld für unser Heizöl und Benzin landet. Hier. Es scheint als hätten die Saudis einfach Florida hierher verpflanzt. Einfach in gross. Mondän, modern, gesichtslos. Es reiht sich eine Mall an die andere. Armani, Gucci, Prada. Jedes Hotel höher als das andere. Dazwischen Skulpturen und überdimensionierte saudische Flaggen in grün. Alles sauber, ruhig und gepflegt. Menschen sieht man keine, die sitzen in den Autos. Ein paar Gastarbeiter vielleicht, die Hecken schneiden und das Grün am Strassenrand bewässern.

Vorne an der Corniche – der Strasse direkt am Roten Meer, Beine vertreten. Hübsch aber kein Brüller. Alles geschleckt sauber. Ohne Seele, als hätte man im Ausland Pläne gekauft und es hier nachgebaut. Kein Leben weit und breit – es ist Fastenzeit. Toiletten kostenpflichtig. Ohne Rial ist nix mit Wasserlassen. 

Am Schluss noch das Highlight des Tages – die Altstadt. Angeblich Unesco Weltkulturerbe. Der angesagte Ort für authentisches Shopping. Gold, Silber, Gewürze und alles was der Orient noch so hergibt, verkündet uns Tarik, unser Guide – ABER Ramadan – wegen zu geschlossen. Rollläden unten – nix shoppen. Sparen auf saudische Art. Man fühlt sich verarscht. Das Weltkulturerbe wird dazu auch gerade noch renoviert. Mehr Baustelle als Kultur. In ein paar Seitengassen eine Ahnung, was da welterbemässig sein könnte. Klick – ein paar Fotos. Warten auf den Bus. Drückend heiss – es ist Mittagszeit. Der Oberhammer und Sabena Nummero zwo (ihr erinnert euch „such a blody experience never again“) Zur Erinnerung: Vor 3 Stunden sind wir durch diesen Zoll, weil wir in Saudi Arabien einreisen wollten – da sind gewisse Kontrollen noch verständlich. Nun wollen wir aber raus und was erwartet uns? Genau. Dieselbe Prozedur in umgekehrt. Ägypten lässt grüssen. Jetzt angereichert mit lustlosen, gelangweilten Uniformträgern. Beine in den Bauch stehen und die Faust im Sack. Nach einer nicht-repräsentativen Umfrage in der Schlange: No more Saudi Arabia. Das Visa kostet ein Vermögen. Service existiert nicht. Arroganz aus jeder Faser der stolzen Sauds. Frauen scheint es sowieso nur homöopathisch zu geben. Es ist klar: Uns (Kreuzfahrer mit dem magersüchtigen Portemonnaie) wollen sie nicht. Alles ist auf Reich getrimmt. Hayatt, Hilton, Royal Fragmichnicht. Sollen die Sauds und ihre gut betuchten Freunde unter sich bleiben. Wir haben da nichts mehr zu suchen. Auch gut.

Ägypten arm und chaotisch. Jordanien arm und gelassen. Saudi Arabien stinkreich und arrogant. 

Den Rest schenken wir uns. Wenn ich mich quälen will, leg ich mich aufs Nagelbett. Immerhin war Petra, weswegen wir diese Reise überhaupt gebucht haben, ein wirkliches Highlight – das hilft über manchen Frust hinweg. Nun geniessen wir Balkonia und die restlichen Seetage

30.03.2023 Yanbu – die zweite Station bei den Saudis

Die Nacht war ziemlich stürmisch. Das Meer schäumt und die Wellen tragen weisse Hauben. Jetzt spürt man auch das Schiff. Es pflügt sich spürbar durch die raue See. Dafür sind die Temperaturen erträglicher. Gestern deutlich über 30, heute früh, gefühlte 22.

Das wir auf den für heute vorgesehenen Ausflug wenig Bock haben, dürfte klar sein. Den Versuch ihn zu canceln blieb chancenlos. Da schaltet MSC auf stur. Frust ist kein Grund einen gebuchten Ausflug zu stornieren, hat man uns beschieden. Tja, mal sehen.

Und jetzt mea culpa, maxima culpa. Der erste Eindruck (siehe Megafrust gestern) muss ich revidieren. Nachdem wir in unserem Frust den heutigen Ausflug in Yuba stornieren wollten, haben wir uns dazu durchgerungen, doch raus zu gehen. Und siehe da, mehr Kontrast zu gestern hätte nicht sein können. Beginnend mit der Zollkontrolle, die nicht stattfand – wir konnten einfach quer durch marschieren – und der Stadt – Yuba, eine Industriestadt mit einfachen Häusern, ohne mondäne Bauten und Gucci-Gaga. Ab err auch nicht einladend. Ausserdem ist es windig und der Staub der umliegenden Wüste vernebelt die Sicht. Es geht schnurstracks raus ins Landesinnere. Flach, öde. Die saudische Reiseleiterin erzählt von Saudi Arabien. Was wollen die uns zeigen? Sand? 

Doch allmählich, fast unbemerkt wechselt die Landschaft. Erst wechselt die Wüste ihre Farbe auf Lindengrün. Frische Gräser die aus dem trockenen Sand spriessen geben der Wüste ein neues Gesicht – es hat scheinbar vor einer Woche geregnet. Dann erscheinen Hügel. Im Hintergrund, knapp zu erkennen, über 2000 Meter hohe Berge. Büsche und Bäume stehen in den geschützten Talmulden, Schafe und Kamele grasen – was für ein Kontrast zum gestrigen Glamour in Jedda. Er könnte kaum grösser sein. Wir fahren durch eine das mystische Hügellandschaft. Links und rechts tauchen zerfallene Lehmhütten auf. Bei einem solchen Lehmdorf machen wir Halt und besichtigen das alte Gemäuer. Angeblich 1500 Jahre alt – also zu Zeiten  Mohammeds entstanden. Bewohnt bis vor rund 40 Jahren. Einfache Lehmbauten, dem Zerfall preisgegeben. Eindrücklich wie die Menschen hier das karge Land bewirtschafteten. Man bemüht sich sichtbar den Zerfall aufzuhalten. Wenn es nicht allzu häufig regnet – es sind wirklich nur Stroh und Lehmhütten, die mit Palmblättern gedeckt sind – dürfte es gelingen. Zurück nochmals durch die zauberhafte Hügellandschaft in Lindengrün. Das Ganze in einem Nebel aus gelbem Sand und Staub. Der Wind hat sich in einen veritablen Sandsturm verwandelt. Über die Strassen winden sich Sandschlieren. Fast unwirklich. Für uns faszinierend, fremd und grossartig. Und da der königlichen Bürokratie gestern wohl genüge getan wurde, gab es auch keine Kontrollen mehr, bei der Rückkehr zum Schiff. 

Ehrlich – ich hätte mich grün und blau geärgert, diesen Ausflug nicht gemacht zu haben. 

Was lernt man daraus? Fälle nie ein vorschnelles Urteil. Bleibe auch dann offen, wenn du enttäuscht wurdest und den blöden Spruch „es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck“, kann man guten Gewissens in die Tonne schmeissen. Es gibt immer eine Chance, es besser zu machen. 

31.03.2023 Das Rote Meer in Aufruhr

Es liegt ein geruhsamer Seetag, zurück nach Ägypten vor uns. Morgen früh heisst es Abschied vom Roten Meer. Abschied von neuen Bekannten, Abschied von einer Woche intensiver Eindrücke. Hochdruckbetankt ist dafür wahrscheinlich das richtige Wort.
Erst muss aber das Rote Meer überwunden werden und das zeigt sich von seiner garstigen Seite. Es stürmt, die Wellen schlagen hoch, das Wasser silbergrau bringt das Schiff zum rütteln. Es wankt und schwankt. Die Temparaturen, im Vergleich zu gestern (34 Grad), im Keller. Vermutlich noch um die 20. Balkonia muss warten, aber das Schiff ist ja gross genug. Und es ist Zeit ein Resümee zu ziehen. Dafür habe ich noch den ganzen Tag Zeit.

Vorerst aber noch ein Paar Worte zu unseren zahlreichen Mitreisenden. Das Schiff – die MSC Splendida ist ja ein Riese. (Allerdings gibt es heute noch grössere Pötte). 333 Meter lang, 38 Meter breit, 18 Stockwerke hoch. Maximal 4363 Passagiere und 1370 Crewmitglieder. Eine Kleinstadt auf Wasser. Entsprechend vielfältig und bunt das Gewusel auf Deck. Es fehlt keine Weltgegend. Keine Hautfarbe und keine Kultur. Das Sprachengewirr babylonisch. Zum Glück gibt es Englisch – wobei dieses hier noch lange nicht von allen verstanden wird. Auffallend viele aus Zentralasien. Russisch an jeder Ecke. Irritierend der Versuch sich dem westlichen Habitus anzugleichen Es wirkt schrill, falsch, billig und aufgesetzt. In unseren Augen billig. Ist das vielleicht diese kulturelle Aneignung? Ist es das, was Jamaikaner stört, wenn wir Europäer Rastas tragen? Ich ahne zumindest, was es auslöst. Ein mitleidiges Lächeln. Rührend dafür die Omas in traditionellen Kopftüchern und mongolischen Gesichtszügen. Sie geniessen diese Reise in die Welt ganz offensichtlich. Selber haben wir in dieser kurzen Woche ein gleichaltriges Deutsches Ehepaar kennen gelernt. Sie betreiben ein kleines Reisebüro und versorgen uns mit wertvollen Tipps. In vielen Dingen sehen sie die Welt wie wir – kritisch, besorgt und aufgeklärt. Und trotz ihren vielen Reisen rund um die Welt, waren sie noch nie am Bodensee. Einen Makel den sie bald beheben möchten. Wir halten schon mal Ausschau nach einem Hotel.

Kaum ist man mit den bürokratischen Schikanen und falschen Erwartungen dieser Reise versöhnt, schlägt Kafka mit voller Wucht zu. Kafka, der wie kein anderer den Wahnsinn der Bürokratie in seinen Büchern beschrieben hat. 

Es beginnt ganz harmlos mit einer unverständlichen Durchsage in unverständlichen Sprachen, irgendwo auf dem Schiff zu erscheinen. Wir ignorieren es. Es ist ja weder Deutsch noch verständlich. Die Aufrufe, in der Kabine auch akustisch kaum verständlich, werden aufdringlicher. Irgendwann sogar auf Deutsch. Alle die morgen das Schiff verlassen, hätten sich umgehend auf Deck 7 zum Face to Face (Gesichtskontrolle) mit Pass und Visa zu begeben. Bürokratische Regel Nummer 1: Man tut, wie befohlen. Nach verschlungenen Pfaden durch das Labyrinth der Bars und Shops, endlich ein Wegweiser zum Ort des Geschehens. Wir sind natürlich nicht die einzigen und reihen uns deshalb brav in die Schlange der Mitleidsgenoss:innen. Alle bewaffnet mit Pässen und Unterlagen, voller Hoffnung das Richtige zu tun. Denkste. Kurz vor dem Ort des Begehrens – ein Tresen mit ernsten Gesichtern und wichtigen Stempeln – ein Gatekeeper, der uns mitteilt wir stünden in der falschen Schlange und hätten uns sofort auf Deck 6 ins Theater, vorne im Bug zu bewegen. Warum auch immer, wir beeilen uns und treffen dort auf einen weiteren Türsteher, der heftig mit dem Kopf schüttelt und uns zurück auf Deck 7 weist. Erste leichte Grummelgeröusche im Bauch und ein gröberer Klotz im Hals machen sich bemerkbar. Also zurück auf Feld 1.  In durchaus ungewohnt scharfem Ton raunzen wir die Gatekeeperin an und beschweren uns über diesen Leerlauf, um zum Dank ans Heck geschickt zu werden (weitere 300 m Hürdenlauf). Mit übler Laune und kurz vor dem Amok ein weiteres Mal anstehen. Viele verzweifelte Gesichter, ratlose Passagiere und eine Kaskade von beschäftigt wirkendem MSC Personal und ägyptischen Zollbeamten. Stempeln bis das Handgelenk bricht. Jedem zweiten fehlt ein Papier oder er steht in der falschen Schlange. Viele verstehen kaum Englisch und schon gar nicht worum es geht. Nach Tisch 4 – bei uns scheinen die Unterlagen den kritischen Auge der Bürokratie zu genügen – endlich der „begehrte“ Stempel für die Wiedereinreise ins Land von Abd al-Fattah as-Sisi – Ägypten zum dritten Mal. Es sind ja erst ein halbes Dutzend. Ob wir unser Visum, dass wir zu allem Überdruss auch noch abgeben durften je wieder sehen? Ohne müssen wir vermutlich an Bord bleiben. Es fehlt sicher noch ein Stempel oder es verschwindet unter einem Haufen Fresszettel.

Was lernen wir? Bürokratie ist Schikane. Bürokratie auf Basis von Fresszetteln über mehrere Instanzen (Schiff/Zoll) treibt in den Wahnsinn. Kleine Randnotiz: Auch 3 Stunden später hallen die Aufrufe, in nun noch dringlicherem Ton, durch das Schiff. Ich möchte nicht wissen was morgen mit den armen Kerlen passiert, die den falschen oder keinen Stempel haben. 

So bringt uns garantiert niemand mehr hierher – bei aller Geschichte, Kultur und den tollen Sehenswürdigkeiten die es zu bestaunen gibt. Es gibt Orte da fühlt man sich willkommener. Hier ist man offensichtlich nur ein Sicherheitsrisiko. Schade um die Menschen die davon leben müssen

01.04. 2023 Kein Scherz- es geht heimwärts

Ausschiffen, Bus nach Kairo, Flug nach Frankfurt. Noch eine Nacht im Hotel und morgen mit dem Zug nach Hause. Ein kompakte, lehrreiche Woch mit Hochs und Tiefs geht zu Ende. Selten lagen Frust und Jubel so nah beisammen. Ein Wechselbad der Gefühle. Wir haben viel zu verarbeiten und zu erzählen. Bis bald.

Der Flughafen ist der Ort des Zeittotschlagens und man hat Zeit für ein paar Gedanken. 

Was haben wir auf dieser Reise gelernt? 

  1. Schau immer in welche Schlange du dich stellst, es könnte die Falsche sein. Ärger und kafkaeske Szenen sind dir garantiert. 
  2. Sei misstrauisch gegenüber grossen Versprechen, sie könnten sich als falsch erweisen. Entsprechend gross ist der Frust und die Enttäuschung. 
  3. Prüfe erst, was du buchst. Es gibt bessere Methoden sein Geld zu vergeuden. 
  4. Meide wenn möglich blaue Organisationen und Staaten. Blau steht für überbordende Bürokratie, hierarchische Strukturen, alles militärische und Misstrauensorganisationen. Für Freigeister, wie mich, der Albtraum auf Erden. 
  5. Das Schöne und Gute verbirgt sich meist im Kleinen und Stillen. Umso grösser ist die Freude.
  6. Reisen bildet. Vorausgesetzt man hält die Augen offen und ist bereit (Vor-)Urteile jederzeit zu revidieren

Ankunft in Frankfurt- es regnet. Abschied von den neuen Bekannten, rein in den Shuttlebus ins Hotel. Noch ein Bierchen und es geht ins Bett. Ramsen ruft – wir kommen

02.04.2023 Schluss aus Amen

Rückfahrt mit dem Zug nach Singen. Zeit das Erlebte setzen zu lassen. Wir haben viel zu verarbeiten. Ein guies Fitnessprogramm für die grauen Hirnzellen. Wir planen schon den nächsten Trip.

Danke fürs Mitlesen und demnächst mehr in diesem Theater.

ENDE

Auch diese Weitwanderung haben wir dieses Jahr beendet. Gestartet irgendwann in einem Januar vor 6 Jahren an der Thurmündung in Elikon/Flaach, setzten wir unseren Weg entlang der Thur dieses Jahr in Müllheim (TG) – dem letzten Etappenort (2015) fort und erreichten vor einer Woche den letzten Ort (Unterwasser) vor der Quelle. Der Schnee im Toggenburg hat uns ausgebremst, so dass wir dieses letzte Stück (noch ca. 1,5 Std) im nächsten Frühjahr machen. Die Bilder und Eindrücke möchte ich trotzdem niemandem vorenthalten.

Auf jeden Fall eine tolle Wanderung, die sich leicht an Wochenenden machen lässt. Für jüngere und fitere Wandernieren, sicher auch in weniger Etappen (Total Wegstrecke caa. 130 km).

Hier geht es zu den Bildern

Das Reisetagebuch ist fertig

Mein Reisetagebuch „Das Kreuz des Südens“ ist fertig und in Produktion. Die erste Auflage ist sehr klein und ich lasse nur nachproduzieren, falls genügend Interesse vorhanden ist. Das Buch ist als Hard-Cover oder eBook erhältlich. Damit ich richtig disponieren kann, bitte ich euch auf der nachstehenden Seite euer Interesse anzumelden (Subscription). Ich freue mich auf euer Interesse. Wer mag, kann es bei mir über das Kontaktformular bestellen.

Jämmerlich

Wer dieser Tage das Weltgeschehen verfolgt könnte leicht den Glauben an die Zukunft verlieren. Als Erfolgsrezept steht „Jammern“ unangefochten an der Spitze, gegen Krise und drohende Rezession. Sei es auf der Strasse, in den Sozialen Medien oder der grossen Politik – gehört werden jene, die am lautesten schreien und/oder apokalytische Horrorszenarien an die Wand malen. Da ist es wohltuend mitten in der Kakophonie positive Beispiele zu finden. Beispiele von Menschen die Handeln. Mehr dazu in meinem Wochenblog „Jämmerlich„.

Omnipräsenz

Wieder ist mein Versuch, das Virus zu verdrängen gescheitert. Zu omnipräsent ist diese Seuche, bzw die Reaktionen darauf. Trotzdem versuche ich diese Woche den Blick etwas in eine andere Richtung zu richten. Das omnipräsente Gejammere und die Nabelschau der #Covidioten gehen mir ziemlich auf den Geist. Es gibt wahrhaft ernstere Themen und Herausforderungen, als das Verbot von Open Aires, Abstandsregeln oder geschlossene Läden. Schluss mit der Ominipräsenz dieser jämmerlichen Egoisten.

Grenzerfahrungen

Mein Wochenblog (6. Mai 2020) – Grenzerfahrungen – ist online. Thema – wie könnte es anders sein – einmal mehr die Corona-Pandemie. Ja – das politische Theater, welches zur Zeit darum veranstaltet wird auch. Es geht aber um unseren Alltag und unser Zusammenleben im Corona-Zeitalter. Grenzerfahrungen aus denen wir lernen (.sollten)

Die viruelle Reise beginnt

Der erste Beitrag meins Blogs (Titel: Landkrank) steht in der Wochenschau. Heute, wie könnte es auch anders sein, zum Thema Covid-19. Allerdings macht mir dieser weniger Angst, auch wenn diese berechtigt ist, als gewisse Reaktionen darauf. Nein – nicht die behördlich verordneten Massnahmen, die fehlende Vernunft. Kommentare, Kritik und Ergänzungen sind herzliche willkommen. Davon lebt ein Blog.

Erich, 30.04.2020

Der Reiseblog ist umgezogen

Meinen Reiseblog „Rund um die Welt – in 116 Tagen um die Welt“ ist umgezogen. Sämtliche Beiträge findet ihr ab sofort unter dem MENU: Reiseblog Worldcruise 2020

Der Blog ist nun im Umbau und wird zu einer „virtuellen Reise um die Welt„. Darin werde ich in regelmässigen Abständen (geplant ist ein Wochentakt) in einer Art Wochenschau Themen kommentieren, die uns bewegen.

Ich freue mich auf aktives Mitmachen und Anregungen. Benutzt dazu die Kommentarfunktion zu den Beiträgen, oder das Kontaktformular.

Die Reise kann beginnen.